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Zwei, die sich seit der Fußball-WM in Argentinien kennen: Werner Weih (rechts) überreicht Gotthilf Fischer das Buch über seine Weltmeisterschaftserlebnise, in dem Fischer textlich und bildlich eine nicht unerhebliche Rolle spielt.

Gotthilf Fischer: »Ihr seid
der beste Chor der Welt«

Kraftvolles Singen auf dem Brackweder Adventsmarkt

Von Paul Siegfried Schulz (Text)
und Carsten Borgmeier (Fotos)
Brackwede (pss). Wenn am 1. Advent »Das Wandern ist des Müllers Lust« über den Kirchplatz schallt, dann kann man sicher sein, dass sich da niemand in der Jahreszeit geirrt hat, sondern dass Gotthilf Fischer da ist. So wie am gestrigen Sonntagnachmittag, als der wohl bekannteste Chordirigent Deutschlands im Rahmen des Brackweder Adventsmarktes seine musikalische Visitenkarte abgab. Agil und temperamentvoll.

Pünktlich um 17 Uhr bestieg der 76-Jährige (!) auf der Bühne einen Tisch, um einen besseren Überblick zu haben. Und zeigte sich erfreut über die erstaunlich große Anzahl von Leuten, die gemeinsam mit ihm singen wollten und dann auch sangen. »In Schwaben,« scherzte Fischer, »sind die Leute bei einem solchen Wetter schon im Bett. In Brackwede kommen sie, um zum singen. Bravo.«
Und dann legte er los. Wohl zum Aufwärmen griff er tief in die Volksliederkiste. »Wir besuchen jetzt den deutschen Bundestag«, kündigte er an, um dann »Alle Vögel sind schon da« anzustimmen. Und die Menge sang begeistert mit. Wobei natürlich auch nicht die »heimliche« deutsche Nationalhymne fehlte - »Hoch auf dem gelben Wagen«. Den damaligen Bundespräsidenten Walter Scheel brachte dieses Lied einen Spitzenplatz in der deutschen Hitparade ein.
»Lasst Euch nicht unterkriegen und aus der Ruhe bringen. Singt!« gab Fischer dann den vor allem älteren Menschen mit auf den Weg. »Singen,« so seine Erfahrung, »vertreibt bösen Besuch.«
Doch dann wurde es weihnachtlich. Mit »Leise rieselt der Schnee« eröffnete der Dirigent bei anhaltendem Regen gesanglich die Vorweihnachtszeit. Ein von der Werbe- und Interessengemeinschaft Brackwede (WIG) verteiltes Textheftchen ließ so auch die mitsingen, die die Texte der bekanntesten deutschen Weihnachtslieder nicht mehr oder überhaupt nicht kennen.
Dabei »outete« sich Gotthilf Fischer als großer Fan des Bielefelder Kinderchores. Den habe er schon als jungen Mann verehrt, ging sein Kompliment in Richtung Kinderchor. Und selbstverständlich waren die, die da bei Regen unter den Regenschirmen ausharrend mitsangen, der »beste Chor der Welt.«
Dann gab es nahezu die ganze Palette deutscher Weihnachtslieder, die, so Fischer, auch Deutsch bleiben müssten. Wobei er eine Ausnahme zulässt: »Jingle Bells«, aus den USA importiert - aber mit deutschem Text.
Wie auch immer: Der Mann, von Dieter Mühlenweg eingeladen, ist nach wie vor ein Phänomen. Wer bei nasskaltem Regenwetter den Kirchplatz voll bekommt und die Menschen zum fröhlichen, aber auch besinnlichen gemeinsamen Singen bringt, der hat was, was andere nicht haben. Da wünscht man sich doch glatt ein Wiedersehen und Wiederhören.

Artikel vom 29.11.2004