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Alles, was ihr euch erträumt . . .

Wertvolles Gästebuch voller Stars kehrt ins Waldhotel »Brand's Busch« zurück

Von Matthias Meyer zur Heyde und Hans-Werner Büscher (Foto)
Bielefeld (WB). Das war Rettung in letzter Sekunde: Unmittelbar bevor das alte Gästebuch von »Brand's Busch« Seite für Seite an Andenkenjäger verscherbelt worden wäre, griff der Geschäftsführer des Waldhotels zu und holte das unschätzbare Zeitdokument heim.

Ein Krimi, so spannend, dat kannze dich nich vorstellen - »ääährlich!!!« Mit seinem unverkennbaren Schlachtruf hat einst Adolf Tegtmeier seinen Dank und seine »schönen Grüße« an das idyllisch gelegene Hotel auf dem Kamm des Teutoburger Waldes bekräftigt: Der Kabarettist Jürgen von Manger ist nur einer der zahllosen Prominenten, die sich in den 70er Jahren, in der »goldenen Zeit« des Bielefelder Hotelgewerbes, im Gästebuch von »Brand's Busch« verewigt haben.
Von 1971 bis 1980, als Dieter Wagner das seit 1350 bezeugte Etablissement führte, gaben sich hier an der Furtwänglerstraße 52 die Größen aus Show und Politik die Klinke in die Hand. Als sich Wagner vor 24 Jahren zurückzog, nahm er das Gästebuch mit - und fand es erst vor wenigen Wochen wieder. »Fast hätte ich das gute Stück mit anderem Schriftkram weggeworfen«, gesteht der Ex-Hotelier. Als er aber bemerkt (und erzählt) hatte, was da unvermutet wieder aufgetaucht war, meldeten sich Interessenten zuhauf.
Pietätlose Souvenirhändler hätten das Dokument ohne Skrupel Stück für Stück an zahlungskräftige Fans verkauft, und »das musste ich verhindern«: Martin Strehl, Geschäftsführer des traditionsreichen 80-Zimmer-Hauses, gab ein gutes Gebot ab und kam tatsächlich zum Zuge. »Wir sind glücklich, diesen Schatz jetzt mit unseren Gästen teilen zu dürfen«, sagt Strehl: Das Original soll in einer Vitrine im Foyer ausgestellt werden, gerahmte Kopien einzelner Seiten schmücken künftig die Gänge der weitläufigen Anlage.
»Ich darf euch alles wünschen, was ihr selbst euch erträumt«, schrieb, auf englisch, der Schlagersänger Graham Bonney (»Supergirl«, »Wähle 3-3-3«) den Wagners ins Gästebuch. Helmut Schmidt bezog gleich eine ganze Etage, die Leibwächter vorne am Fahrstuhl, der Altkanzler abgeschirmt im »Rückraum«. »Willy Brandt, der ja als Charmeur galt, hat kräftig mit dem Personal geflirtet«, erzählt Wagner.
Seine eigene Frau soll gar Beulen bei der Prominenz verursacht haben: »Guten Morgen, gnä' Frau!«, flötete CDU-Kanzlerkandidat Rainer Barzel - und lief, ohne die Augen von der attraktiven Erscheinung zu wenden, vor die Tür zum Frühstücksraum. Und Wagner schwört Stein und Bein, dass Ingrid Steeger in den drei Nächten im Mai 1979 nie ihr Bett benutzt hat. Wo schlief sie dann? »Keine Ahnung, aber sie war mit Harald Leipnitz auf Tournee . . .«
Es gibt auch zickige Stars: Walter Giller wollte, als Fernseher auf den Zimmern noch Zukunftsmusik waren, unbedingt Bundesliga-Fußball gucken und wäre fast abgereist. Inge Meysel soll drei Kellner mit Beschlag belegt haben.
Karel Gott dagegen war superlieb: »Bei meiner Mutter, die vor Aufregung fast in Ohnmacht fiel, bedankte er sich überschwänglich für den selbstgebackenen Kuchen«, erinnert sich Wagner. Und die Blödeltruppe Insterburg&Co.? »Mit denen konnnte man kein ernsthaftes Wort reden - die alberten herum, als stünden sie noch auf der Bühne.« Was die Komiker ziemlich schläfrig machte: »Hier kann man noch um 12.30 Uhr frühstücken. Das ist großartig!«, bedankte sich das Kleeblatt.
Harald Juhnke begrüßte das Zimmermädchen mit Handschlag, Hugo Strasser lobte, so gut wie bei »Brand's Busch« würde er gerne auch in anderen Hotels nächtigen, Fritz Walter, der Held von Bern, bedankte sich für die »freundliche Aufnahme und großartige Bewirtung«. Einige weitere Größen: Hans Söhnker (»Der Mustergatte«), die rassige Schlagersängerin Dunja Rajter, Erik Ode (»Der Kommissar«), die Kessler-Zwillinge Alice und Ellen, Hazy Osterwald plus Sextett, Altbundestrainer Helmut Schön. Sogar die »Csárdasfürstin« Marika Rökk hielt bei »Brand's Busch« hof.
Küchenchef Erwin Kirchner hat jetzt wieder ein Gästebuch ausgelegt: »Den Comedian Ingo Oschmann hab ich schon mit Autogramm.« Und fügt listig hinzu: »Jeder hat mal klein angefangen!«

Artikel vom 27.11.2004