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Einfache Botschaft: Theater ist toll!

»Kultur kompakt« in Sennestadt Ñ Samstag und Sonntag Aufführungen

Sennestadt (mcs). »Theater ist einfach toll!« Mit dieser klaren Botschaft spielten sich Claudia Brasse und Björn Brakelsberg vom Tendenztheater Neuss Donnerstag während der Auftaktveranstaltung zu »Kultur kompakt« im Vortragssaal des Sennestadthauses in die Herzen der Zuschauer. Das Zwei-Personen-Stück »Gretchen 89 ff.« aus der Feder von Lutz Hübner stand dabei auf dem Programm.

50 Zuschauer konnten die Organisatoren vom Kunstverein Oerlinghausen und dem Kulturkreis des Sennestadtvereins zu ihrer ersten Gemeinschaftsveranstaltung begrüßen. Ein guter Erfolg, wie Ulrich Klemens nach der Aufführung urteilte. Auch wenn sich der Kulturkreisvorsitzende mehr Besucher gewünscht hätte; nicht zuletzt, da sich »Gretchen 89 ff.« als unterhaltsamer Theaterspaß entpuppte.
Aus immer neuen Blickwinkeln servierten Claudia Brasse und Björn Brakelsberg in ihrer Faust-Parodie die »Gretchen-Szene« aus Goethes Meisterwerk. In der Reklam-Ausgabe steht diese auf »Seite 89 ff.« - daher der Aufführungstitel. Heraus kam eine Hommage ans Theater, die bisweilen einen recht kritischen Blick hinter dessen Kulissen gewährte.
Ein Tisch und zwei Stühle, umgeben von leeren Flaschen und Verpackungen, boten auf der Bühne den adäquaten Rahmen für das sich entfaltende »kreative Chaos«, in dem die sehr wandlungsfähigen Akteure zwischen »Genie und Wahnsinn« aufzeigten, wie Theater wirklich ist. So stellten sie etwa die »Schauspiel-Anfängerin« vor, die sich erst nach Yoga-Meditation und Schlachtruf auf die Bühne traut. Oder den anbiedernd-gönnerhaften »Haudegen-Regisseur«, der den unerfahrenen Nachwuchs mit seinem »Sex-Appeal« geradezu erdrückt.
Auch die exzentrische »Diva«, die jeden Regisseur gnadenlos an die Wand spielt, durfte natürlich nicht fehlen. Ebenso wie der skrupellose »Streicher«, dem es voller künstlerischer Freiheit schon einmal gelingt, die Hauptperson aus einem Stück herauszukürzen. Tüpfelchen auf dem I war jedoch die »Dramaturgin«. Denn unter ihren Fittichen wird »Faust« zur reinen Psychoanalyse. Ungeahnte Wahrheiten - »Gretchen ist ein Mann« - kommen dabei ans Licht.
Mit reichlich Beifall dankten die Zuschauer Claudia Brasse und Björn Brakelsberg für ihr munteres Spiel. Und bereits an diesem Samstag wird die Reihe »Kultur kompakt« fortgesetzt. So gastiert Daniel Cerman um 19 Uhr mit einer Lesung aus dem Stück »Holzfällen« von Thomas Bernhard in der Oerlinghauser Synagoge.
An diesem Sonntag folgt dann eine Lesung aus dem fiktiven Briefwechsel von Katrine Kressmann Taylor »Adressat unbekannt« mit Wolfgang Wirringa und Daniel Cerman. Sie beginnt um 11.15 Uhr im Sennestadthaus.

Artikel vom 20.11.2004