22.11.2004 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Gelungener Brückenschlag von Moderne und Klassik

Bielefelder Philharmoniker ganz solistisch eingestellt


Von Uta Jostwerner
Bielefeld(WB). Was wäre besser geeignet, das Hören zu sensibilisieren als Bernd Alois Zimmermanns Orchesterwerk »Stille und Umkehr«? Der Einstieg in die Freitags-/Sonntagskonzerte der Bielefelder Philharmoniker war nicht nur klug gewählt, sondern lieferte zugleich auch die thematische Klammer für den zwischen Moderne und Klassik springenden Werkeaufriss.
Bordunartig mit einheitlichem Ton (d) und Rhythmus unterlegt, präsentierte das solistisch besetzte Orchester unter Leitung des Dessauer Gastdirigenten Golo Berg aufgelichtet umspielende Motivsplitter - dynamisch wunderbar nuanciert noch im Piano-Pianissimo-Bereich, sensibel und spannungsvoll artikuliert, auf dass sich der Eindruck von Introvertiertheit auf der einen und schwebender Unendlichkeit auf der anderen Seite vollendet entfalten konnte.
Der Sprung 200 Jahre zurück zu Mozarts beliebtem Klarinettenkonzert mit seiner vornehmen Verhaltenheit des Tonfalls und seinen feinen Ausdrucksgesten erscheint fast zwingend. Und Susanne Heilig, Soloklarinettistin des philharmonischen Orchesters, bündelt sämtliche Qualitäten des Instruments und konzertanten Denkens auf vollendete Weise. Ihr geistvolles, an technischen Besonderheiten reiches Spiel gleitet niemals ab in eine vordergründige Zurschaustellung virtuoser Fähigkeiten. Vielmehr durchmisst sie ihren Part stets sensibel -Êpointiert in der Linienführung und Phrasierung, mit Gespür für heitere wie lyrische Inhalte und melancholische Eintrübungen vor dem transparent durchgezeichneten Klanggrund des Orchesters. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund eines äußerst harmonischen Zusammenwirkens von Solistin und Orchester gelang eine betörend schöne Werkwiedergabe.
Wieder angelangt in der Mitte des 20. Jahrhunderts, wurde anhand von Karl Amadeus Hartmanns 6. Sinfonie einmal mehr deutlich, dass die Moderne sehr wohl musikalisch Reizvolles zu bieten hat. In der kunstvollen Klangfarbenabmischung und expressiven Gespanntheit des Zweisätzers mit ihren sogartigen Fugen und aufwühlenden Paukensoli zeigten sich unter anderem die enormen solistischen Qualitäten des hiesigen Orchesters.

Artikel vom 22.11.2004