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»Intelligentes Training« inklusive

Radsport: RV Teutoburg Brackwede Trägerverein für den Landesleistungsstützpunkt NRW

Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). Dieser Umzug birgt enorme Perspektiven. »In Rheda-Wiedenbrück haben wir im luftleeren Raum gearbeitet. Hier in Bielefeld finden wir optimale Bedingungen vor, ob Hallenkapazitäten, Sportplätze oder Laufbahn. Und wir können schon auf hervorragende Basisarbeit zurückgreifen«, schwärmt Klaus Thumel, Leiter des Radsport-Landesleistungsstüzpunktes NRW, von den Gegebenheiten am Brackweder Gymnasium. Die Sportbetonte Schule mit angeschlossenem Teilinternat, die schon mit Trampolinturnern, Basketballern, Leichtathleten, Synchronschwimmern oder Turnern kooperiert, hat jetzt auch den Rennradsport eingegliedert.

Klaus Thumel weiter: »Ein ganz wesentlicher Aspekt ist die Tatsache, dass wir einen echten Trägerverein, einen Partner mit im Boot haben, der sich bisher schon wesentlich im Bereich Talentsichtung engagiert hat«, lobte er gestern im Rahmen einer Feierstunde den RV Teutoburg Brackwede. RVT-Vorsitzender Stefan Gernemann hatte selbst das Brackweder Gymnasium besucht. »Genau sowas hatte ich mir früher gewünscht. Aber ich musste immer Basketball spielen«, schmunzelte er. Bei der starken Allianz Schule/Stützpunkt habe sich die »Vernetzung aufgedrängt«. Gernemann sieht aufgrund der neuen Konstellation große Chancen für den Radsport und seinen Klub: »Meine Hoffnung ist, pro Jahrgang mindestens ein, zwei Talente für den RV Teutoburg abzufischen. Kinder, die wirklich das Zeug dazu haben«.
Die Pedaleure im Bielefelder Süden verfügen aktuell über rund 60 Mitglieder. Im nächsten Jahr sollen fünf Amateure und vier Jugendliche eine Lizenz lösen. Der zweite Trägerverein ist der RC Olympia Bünde. Wie nötig eine neue Qualität der Talentsichtung für den Radsport ist, weiß keiner besser als OWL-Bezirksvorsitzender Günter Stephan. »Von unseren 56 Vereinen haben 22 nicht einen Jugendlichen in ihren Reihen«.
Über das Verbundsystem Schule und Leistungssport referierte Siegfried Drescher vom Lan-desausschuss »Talentsuche und Talentförderung« vor den Repräsentanten des neuen Kooperationspartners Radsport. Sein Slogan: »Die Sportklasse ist das Beste, was Kindern passieren kann. Ihre Einstellung zum Lernen ist vorbildlich - und ansteckend«.
Die Zusammenarbeit mit den neun Grundschulen im Einzugsbereich sei »phänomenal«, lobte Drescher. Ein Nahziel sei es, Talentsichtungsgruppen einzurichten, um für die Jahrgangsstufe 5 eine zusätzliche Förderung zu erwirken. Ein Fernziel und »bisschen Träumerei«, mal für jeden Jahrgang so eine Gruppe anbieten zu können. Begabung fördern, Belastung minimieren: Sportkoordinator Ulrich Meilwes fügte hinzu, ein »Geflecht der kurzen Wege« schaffen zu wollen. Nach einem Vielseitigkeitswettbewerb würden die begabtesten 20 Kinder jeder Disziplin eingeladen. »100 Kinder sind stellen unsere Kapazitätsgrenze dar«. Alle Sportklassenkinder müssten sich einer Eingangsuntersuchung unterziehen und würden über Jahre hinaus weiter beobachtet.
Die sportmedizinische Unterstützung durch die Uni Bielefeld stellte Prof. Dr. Elke Zimmermann heraus, die den Ausdruck »intelligentes Training« prägte. »Durch individuelle Betreuung gelingt es, den Trainingsprozess zu optimieren. Je jünger man die Athleten an der Hand hat, umso besser«, ist ihr etwa das Ernährungsverhalten der Teenager ein Dorn im Auge.
Mit im Boot auch Dr. Norbert Brauns vom Herzkathederlabor der Städtischen Kliniken Bielefeld-Mitte. Der Kardiologe, der seit 1999 auch Arminias Fußballer betreut, plädierte dafür, dass »kardiologische Diagnostik Standard sein müsste«. Wie in Italien, wo jeder Wettkampfsportler verpflichtend regelmäßig kardiologisch untersucht würde. »Was hier passiert, ist ein guter Anfang«, lobte er die konzeptionellen Bemühungen auf hohem Niveau am Brackweder Gymnasium.
Klaus Thumel verwies darauf, dass die Stützpunktarbeit nicht nur den sportlichen Sektor bedient, sondern auch das Umfeld mit den Eltern anspricht, um »bestimmte Verhaltensweisen anzutrainieren«. Bei einer Auswahl unter 100 Kindern sei - anders als in Rheda-Wiedenbrück - die Chance groß, dass in naher Zukunft ein Rohdiamant gefunden werde. »1000 Kinder sind nötig, um einen Spitzenmann hervorzubringen. Und vielleicht kommt ja ein zukünftiger Olympiasieger aus der Region OWL«.
Günther Stephan verriet, dass gemeinsam mit dem RC Zugvogel eine Eingabe gemacht worden sei, aus dem Topf der Sportpauschale die Schäden der Oberfläche der Radrennbahn zu beheben. »Die Bahn soll wieder den Ruf bekommen, den sie hatte«. Die Offerte: »Um sie wieder richtig radsportfähig zu machen, würden wir auch Eigenleistungen erbringen«.

Artikel vom 19.11.2004