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»Wabuwabu« an der Universität

Ausstellung in der Bibliothek über die politische Kultur der Anfangsjahre


Bielefeld (sas). »Wabuwabu« herrsche an der Universität, kritisierte Niklas Luhmann und meinte damit in den 70er Jahren das Auftreten der politisierten Bielefelder Studenten. Denn »Wabuwabu« bezeichnet die »scharfen Praktiken gegen Fernerstehende«, die das das westpazifische Inselvolk der Dobu anwendet. Und das Verhalten der Studiosi empfand der Soziologieprofessor als reichlich ungehörig. Wie die politische Kultur der Uni in ihren Anfangsjahren aussah, zeigt seit Mittwochabend (genau 35 Jahre nach Aufnahme des Lehrbetriebes) eine Ausstellung in der literaturwissenschaftlichen Bibliothek.
»Zusammenarbeit bei hoher Reizbarkeit« ist die unterhaltsame Präsentation, die heute so manches Schmunzeln entlockt, betitelt und bezieht sich damit auf einen anderen Aufsatz von Luhmann. Auf die Beine gestellt wurde sie als Projektarbeit von Geschichtsstudenten unter Anleitung von Dr. Johannes Altenberend (der persönliche Anekdoten beitragen konnte) und mit Hilfe des Archivars Martin Löning. Der wiederum konnte auf einen Fundus von Material - Poster, Zeitungsartikel, Flugblätter - zurückgreifen, das Dr. Gerhard Trott, der Pressesprecher der Hochschule, in Jahrzehnten sammelte.
Das Eintauchen in den bildungs- und gesellschaftspolitischen Hintergrund der 70er Jahre gehörte zu den ersten Aufgaben der Studierenden, die ihre Ausstellung in Kapitel wie Reformuniversität (Die Angst vor dem Betongebirge!), Berufsverbote oder studentisches Leben (Keine Buden für Langhaarige!) unterteilten. So manches, an das erinnert werde, meinte Prorektorin Prof. Dr. Elke Wild in ihrer Einführung, erscheine heute skurril - wie die unglaubliche Vielfalt linker Splittergruppen mit ihren ideologischen Grabenkämpfen.
Dass das Klima an der Bielefelder Uni trotz so mancher Robustheit friedlicher war als an anderen Hochschulen, führte Wild besonders auf den langjährigen Rektor Prof. Dr. Karl Peter Grotemeyer zurück. Er habe eine Konsenskultur geprägt. Das ging so weit, dass er vor einem »Go-In«, das Studierende für den nächsten Tag im Rekotrat geplant hatten, die Wortführer darüber informierte, dass er aber abwesend sei... »Man musste doch mit den Leuten reden, das war ein Ventil«, begründete Grotemeyer dies am Mittwoch. Auch er war zur Ausstellungseröffnung da und konnte so manche Anekdote beisteuern - wie die von den angepieksten Joghurtbechern im Rektorat...

Artikel vom 19.11.2004