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Nichts, was nicht vergessen werden kann

Das Fundbüro der Uni sieht aus wie eine Asservatenkammer: Mäppchen, Jacken, Handys


Bielefeld (sas). »Studenten können alles vergessen«, schmunzelt Lothar Löwe. Er weiß, wovon er spricht: Als einer von fünf Hausmeistern der Universität betreut er - im Wechsel mit seinen Kollegen - auch das Fundbüro der Hochschule. Und da findet sich wirklich allerlei.
Derzeit haben saisonbedingt Regenschirme, Mützen, Schals und Handschuhe Konjunktur, während im Sommer naturgemäß eher Sonnenbrillen in Hörsälen und Seminarräumen liegenbleiben. Daneben aber wird fast alles, was nicht angewachsen ist, vergessen. »Nach einer großen Feier ist es mehr, ansonsten werden so zehn bis 15 Fundsachen am Tag abgegeben«, erzählt Löwes Kollege Bernd Kirchhoff. Studierende, Putzfrauen, Wachpersonal oder Mitarbeiter der Bibliotheken sind es, die alles, was liegen blieb, im Fundbüro in Raum U 0 - 105 oder nebenan im Hausmeister-Raum (U 0 - 101) abliefern.
Das Fundbüro sieht aus wie eine Asservatenkammer: An einem Bord hängen Schlüssel für Wohnungen und Autos, in einem Regal sind in Kästen Brillen, Handys, Rechner und Schmuck sortiert, in einem anderen liegen in Reih und Glied Federmäppchen. Auch zwei Dutzend Jacken, Pullover und Mäntel, sogar Taschen und Rucksäcke und ein Videorecorder hängen und liegen in großen Regalen. »Erstaunlicherweise werden sie ganz selten abgeholt«, wundert sich Löwe. Nach einem Jahr gehen die Sachen zur Brockensammlung nach Bethel. Vermutlich, meint der Hausmeister, haben diejenigen, die sie vergessen oder verloren haben, sie längst abgeschrieben und rechnen nicht mit so vielen ehrlichen Findern.
»Dabei sind die meisten der Studenten absolut ehrlich«, ist Löwe überzeugt. Immerhin werden auch Personalausweise, Führerscheine, EC-Karten und Portemonnaies samt Inhalt abgegeben. EC-Karten übergibt das Fundbüro an die jeweilige Bank, die Besitzer von Personalausweisen und Führerscheinen werden von der Hochschule angeschrieben. »Und bei Wertsachen und Portemonnaies lassen wir uns, um uns abzusichern, vom Finder quittieren, was sie abgegeben haben.
Das Geld wird in die Uni-Kasse eingezahlt und dem Besitzer, wenn er sich gemeldet hat, zurück erstattet«, erklärt Löwe das Verfahren.
So ohne weiteres wird auch längst nicht alles ausgehändigt: Wer zum Beispiel das teure Nokia-Handy der neuesten Generation als sein Eigentum reklamiert, muss das nachweisen, indem er den PIN-Code eingibt und das Handy aktiviert. »Alternativ kann er aber auch den Kaufbeleg mit der Seriennummer beibringen.« Denn Löwe und seine Kollegen haben es durchaus schon erlebt, dass sich Studenten im Fundbüro günstig versorgen wollten.

Artikel vom 26.11.2004