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Am 4. April 1945 war in
Bielefeld der Spuk vorbei

Historiker beschreibt  Tage zwischen Krieg und Frieden


Bielefeld (bp). Zwischen Krieg und Frieden lebte Bielefeld von Ende März 1945 bis zum 4. April 1945, als 60 US-Panzer auf den menschenleeren Jahnplatz fuhren: Damit war in Bielefeld der Krieg zu Ende. Vier Tage später rückten die Briten nach und dass der Zweite Weltkrieg mit der Kapitulation eigentlich erst vier Wochen später aus war, das habe in Bielefeld kaum noch interessiert, meint der Historiker Dr. Hans-Jörg Kühne. Er hat ein Buch über Bielefeld 1945 geschrieben: »Zwischen Krieg und Frieden« (Wartberg-Verlag, 10 Euro).
Kühne stützte sich bei seinen Recherchen unter anderem auf Zeitzeugenberichte, aber auch auf eine Aufsatzsammlung aus dem Jahre 1950, die im Stadtarchiv aufbewahrt wird. »Wie ich das Kriegsende erlebte« hieß damals das Thema und Kühne nennt die Aufsätze eine »Quelle erster Güte«. Es gebe kaum Fotos, von den Kampfhandlungen gar nicht. Trotzdem gelang es ihm, sein Buch zu illustrieren - mit Aufnahmen, die das Alltagsleben in der Zeit zwischen Krieg und Frieden dokumentieren. Während um Bielefeld herum noch heftige Kämpfe tobten - zum Beispiel in Oerlinghausen, nachdem Ende März ein »Führerbefehl« (»Kampf bis zum letzten Bluttropfen«) ergangen war - war es in der Stadt selbst ruhig. Allerdings: Am 3. April 1945 wurde der Bürgermeister von Brackwede von der Wehrmacht hingerichtet, weil er angeordnet hatte, die Panzersperren zu beseitigen und die Stadt kampflos zu übergeben. Kühnes Eindruck von jener Zeit: »Die meisten Menschen waren froh, dass der Spuk vorbei war.«
Über einen Aushang erfuhren die Bürger, dass umgehend alle Waffen abgegeben werden mussten. Kühne: »Die Menschen gaben wirklich alles ab - bis hin zum Schmuckdolch.« Allerdings: Das, was mit dem Hakenkreuz versehen war, versuchte man umgehend los zu werden. Der Historiker: »Im Schlamm der Stauteiche soll da viel versunken sein.«
Kühne betont, sein Anliegen sei eine »sachliche Darstellung der Ereignisse« gewesen. Dieses Anliegen will er auch für die Stadt Paderborn umsetzen: Vier Tage vor dem Kriegsende dort, am 27. März 1945, wurde die Domstadt bei einem verheerenden Bombenangriff zerstört. Kühne: »Darüber und über die Einnahme der Stadt will ich ein Buch schreiben.«

Artikel vom 17.11.2004