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Weitere Milliarden sparen

Wirtschaftsweise besorgt über Lage der öffentlichen Haushalte

Berlin (dpa). Der anhaltend schwache Konjunkturaufschwung erfordert nach Ansicht der »Wirtschaftsweisen« weit höhere Milliarden-Einsparungen als bisher geplant. Um den Euro-Stabilitätspakt im kommenden Jahr erstmals seit drei Jahren wieder einzuhalten, müssen Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen etwa 12 Milliarden Euro zusätzlich sparen.
Das haben die Sachverständigen in ihrem gestern vorgelegten Jahresgutachten gefordert. Die von Finanzminister Hans Eichel angestrebten Sondermaßnahmen reichten nicht aus, um die Brüsseler Defizitvorgaben einzuhalten.
Bei den Konjunkturerwartungen ist der fünfköpfige Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung deutlich pessimistischer als die Bundesregierung. Für 2005 erwarten die Wirtschaftsprofessoren nur noch ein Plus von 1,4 Prozent nach 1,8 Prozent in diesem Jahr.
Die Bundesregierung hält die Prognose für zu pessimistisch. »Wir bleiben bei 1,7 Prozent für 2005«, bekräftigte Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD). »Wir teilen weder die zurückhaltende Einschätzung bei der Exportentwicklung, noch die Erwartung, dass die Ölpreise weiter steigen.«
Die »Wirtschaftsweisen« merken an, dass trotz des Rückgangs der Zuwachsrate beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) das »Tempo der konjunkturellen Erholung« 2005 nicht nachlasse. Die Zahlen berücksichtigten nicht die geringere Arbeitstagezahl gegenüber 2004. Die um diesen Kalendereffekt bereinigte Entwicklung »deutet auf keine derart merkliche Verlangsamung der konjunkturellen Gangart hin.«
Unterm Strich wachse die deutsche Wirtschaft aber langsamer als in den zwölf Ländern der Euro-Zone, für die der Rat 2005 ein durchschnittliches Plus von 2,0 Prozent erwartet.
Keine Erfolge erwartet der Sachverständigenrat 2005 beim Abbau der Arbeitslosigkeit. Die Arbeitslosenquote stagniere bei 10,5 Prozent. Mit der Hartz-IV-Reform und dem neuen Arbeitslosengeld II würden im Jahresmittel 150 000 Erwerbstätige hinzukommen. Durch »rein statistische Effekte« und die erstmalige Einbeziehung von 380 000 erwerbsfähigen Sozialhilfeempfängern in die Statistik dürfte aber im Februar »vermutlich sogar die Schwelle von 5 Millionen registrierten Arbeitslosen überschritten werden«.
»Die Lage der öffentlichen Haushalte wird sich nicht merklich verbessern«, heißt es in dem mehr als 800 Seiten starken Gutachten. Die Situation sei Besorgnis erregend. Seite 2: Thema des Tages

Artikel vom 18.11.2004