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Wie ein Sonnenaufgang im Frühling

Barbara Buchholz präsentiert erste Theremin-CD -ÊLivekonzert im Bunker

Von Uta Jostwerner (Text) und Bernhard Pierel (Foto)
Bielefeld (WB). Es war Liebe auf den ersten Ton. »Dieser Klang hat sich mir eingebrannt,« erzählt Barbara Buchholz über ihre erste Begegnung mit dem Theremin. Das war Anfang der 90er Jahre im Thalia Theater. Mittlerweile ist die Musikerin Buchholz nicht nur eine von weltweit handverlesenenen Virtuosinnen auf dem exotischen Instrument, sie hat auch eine CD -Êdie erste, die je produziert wurde - mit Theremin-Stücken aufgenommen.

»Russia With Lowe«, so der Titel, führt zugleich zu den Wurzeln des elektronischen Instruments zurück, das mit seinen zwei Antennen wie ein ungelenker Außerirdischer wirkt. Wie nicht von dieser Welt klingt auch die Musik, die Buchholz dem Theremin entlockt, das in den 20er Jahren von dem russischen Physiker und Cellisten Lew Thermen erfunden wird.
Für Buchholz kommt es einer Offenbarung gleich, Lydia Kavina, die Großnichte des Theremin-Erfinders, im Rahmen einer Tom Waits-Aufführung in Hamburg kennen zu lernen. Infiziert vom Theremin-Virus, macht sie sich auf die Suche nach einem Instrument. Doch damals waren die seltsamen Kästen genau so exotisch wie ihr Klang. Erst später wird Bob Moog, der Erfinder des Synthesizers, sie serienmäßig herstellen.
Jahre später gelingt es Barbara Buchholz schließlich auch, bei der Kavina in Moskau in die Lehre zu gehen. Sie wird zu ihrer Meisterschülerin, lernt die Technik des intuitiven und präzisionsgesteuerten »In-die-Luft-Greifens«, durch welches Töne erzeugt werden. Pizzicato, Staccato, Legatho und Vibrato -Êall diese Artikulationstechniken stehen dem geübten Theremin-Spieler ebenso zur Verfügung wie das gesamte Tonskalen-Spektrum über siebeneinhalb Oktaven.
Beide Antennen erzeugen hochfrequente Schwingungen, um die herum ein Spannungsfeld gelegt wird. Fährt man mit der Hand dazwischen, werden die Frequenzbänder nicht nur gestört, sondern auch hörbar.
»Im Bereich der rechten Antenne steuert der Spieler die Tonhöhe, mit der linken Lautstärke und Artikulation«, erklärt Buchholz und lässt die Finger wie auf einem unsichtbaren Griffbrett durch die Luft wandern. In den tiefen Lagen klingt das Theremin wie eine Tuba, in der Mitte ist der Klang der menschlichen Stimme sehr ähnlich und in der Höhe wispert's und zwitschert's wie bei einem Sonnenaufgang im Frühling.
Kein Wunder, das Barbara Buchholz, studierte Querflötistin, Sängerin und Bassistin, dem Theremin ist. »Es ist das Instrument, das mir am meisten entspricht und in dem ich alle gesammelten musikalischen Erfahrungen vereinen kann«, schwärmt die Musikerin.
Auf ihrer CD macht sie zum einen mit den vielfältigen Ausdrucksformen des Theremin bekannt, zum anderen ist der Tonträger als eine Momentaufnahme des russischen Lebens gedacht. »Noch nie habe ich ein Land mit so vielen Gegensätzen erlebt«, sagt Buchholz, die Alltagsgeräusche der Klangkulisse beigemischt hat -Êder Authentizität wegen, wie sie unterstreicht.
Die CD ist bei der Intuition/Schott Music&Media GmbH erschienen. Wer einen Live-Eindruck gewinnen möchte, hat dazu am Freitagabend, 19. November, bei einem Konzert im Bunker Ulmenwall Gelegenheit.
Desweiteren wirkt Barbara Buchholz in der Johnny Cash-Produktion des Theater Bielefeld mit (Premiere 8. Dezember). Sie wird dabei nicht nur an Kontrabass, E-Gitarre und Theremin ihre Visitenkarte abgeben, sondern auch als Sängerin mitwirken.

Artikel vom 17.11.2004