16.11.2004 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Bielefeld »Quelle der Talente«

Werbetrommel mehr rühren: »Youngtimer« zu Chancen für Tophandball

Von Jörg Manthey
und Thomas Bertz
Bielefeld (WB). Ein Hauch von »besseren Zeiten« wehte beim Youngtimer-Turnier des SCB 04/26 (wir berichteten gestern) durch die Schildescher Sporthalle. »So viele Zuschauer hat ein Handball-Event schon lange nicht mehr in diese Halle gelotst«, strahlte Frank Brennecke angesichts der gut gefüllten Ränge. Bei Pils in der Linken und Glimmstengel in der Rechten thematisierte die geballte Fachkompetenz freilich nicht nur den Handball von gestern; auch der Ist-Zustand und die Perspektiven waren ein Thema.

»Vielleicht ist so eine Ruhephase, wie sie im Moment in Bielefeld herrscht, gar nicht so schlecht. Die Bedingungen für den Handball sind wesentlich schlechter geworden«, analysiert Udo Harms die triste Situation. Der langjährige Manager der TSG Altenhagen-Heepen ist seit seiner Demission vor sechs Jahren »inaktiv«; sieht man von seiner TBV-Dauerkarte in der Lipperlandhalle ab. Harms glaubt, dass nicht immer die Spitze anvisiert werden müsse. Trotzdem: »Einige Vereine sind auf dem richtigen Weg, aber es hängt viel vom Umfeld ab.« Er räumte ein, dass die Vorkommnisse von 1998 (»Ich fühle mich noch heute ungerecht behandelt«) als Kränkung tief in seinem Inneren verwurzelt seien. Gleichwohl schlug er versöhnliche Töne an. »Wenn Konzept und finanzielle Rahmenbedingungen passen, könnte ich mir vorstellen, wieder mit anzupacken. Soweit es der Beruf zulässt«.
Ohne Moos nichts los: so sieht es Hartmut Kania. »Mittlerweile ist vieles doch eine Frage der Finanzierung. Leistungshandball lässt sich am Etat festmachen«, glaubt der einstige Nationalspieler, der in Werther wohnt. Auch wenn die Erfolge im ostwestfälischen Oberzentrum nicht mehr mit denen von früher zu vergleichen seien, bezeichnet Kania, der mit Nettel-stedt zu Beginn der 80er Jahre den Europapokal errang, Bielefeld noch immer als Handballstadt und als »eine Quelle für Talente.«
Warum Tophandball hierzulande meist in der Peripherie stattfindet, vermag Manfred Richter nicht zu erklären. »Da steht wohl die familiäre Atmosphäre gegen die Anonymität der Großstadt«. Bielefeld würde »eine Rudi-Scharf-Mentalität« wie in Lemgo gut tun. »Die Signalwirkung von oben ist doch da, die Nationalmannschaft feiert Erfolge und ist sozusagen in der Nachbarschaft. Es fehlt hier wohl an Manpower, um das wirtschaftliche Potenzial zu rekrutieren«, rätselt Richter.
SFS-Weggefährte Peter Wilhelm sieht eine Quadratur des Kreises: »In Bielefeld dümpeln einfach zu viele kleine Vereine herum. Was man auf keinen Fall machen sollte, wenn man nach oben will ist, Spieler zu kaufen. Das macht den Handball in Bielefeld kaputt«. Umso sympathischer sei es, was die HSG Bielefeld mit ihrer jungen Ostwestfalenauswahl in der Regionalliga auf die Beine stellt. »Da muss jetzt noch mehr die Werbetrommel gerührt werden. Die richtigen Stellen müssen merken, dass da was zusammenwächst«.
Helmut Bußmeyer (SCB) bedauert, dass der gute Schritt der Bündelung der Handballkräfte in Bielefeld »aufgrund persönlicher Querelen und innerer Grabenkämpfe, so wie man es mitgekriegt hat«, zerstört worden sei. Auch die unmittelbare Nähe eines Fußball-Bundesligisten sei für die Entwicklung eines Spitzenhandballteams nicht förderlich. »Als ich noch in Dortmund gespielt habe, gab es eine große Sport-Vielfalt im oberen Leistungsbereich. Heute ist davon nichts mehr übrig. Borussia Dortmund hat alles platt gemacht«. Je erfolgreicher der DSC Arminia in der 1. Liga sei, umso heftiger würde dies den übrigen Spitzensport am Ort treffen. Der Joker, dass es im Oberzentrum irgendwann wieder bessere Handballtage gibt, ist für Bußmeyer »die Seidensticker Halle«.

Artikel vom 16.11.2004