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Schöne Aussichten:
»Rump-Wetter« hält an

Starkem Start folgt Fauxpas: Ferhat Cerci untröstlich

Von Dirk Schuster
Bielefeld (WB). Nur einer konnte sich des 3:1-Sieges gegen Werder Bremen zum Trotz nicht so richtig über den Erfolg freuen: Ferhat Cerci. Der Arminia-Amateur war weit nach Spielende mit seinen Gedanken noch immer bei der Szene, die den Bremern im Regionalligaspiel im Herforder Jahnstadion gegen Bielefeld den Ausgleich ermöglicht hatte.

»Das war eine sehr unglückliche Aktion von Ferhat, die er noch nicht verdaut hat«, sagte Trainer Maik Walpurgis, der sogar Mitgefühl für seinen geknickten Spieler aufbrachte. Hätte Cercis Fauxpas allerdings ein Remis oder gar eine Niederlage zur Folge gehabt, Arminias Coach hätte sicher nicht so gelassen die laienhafte Abwehraktion des Türken kommentieren können.
Die für Cerci selbst umso ärgerlicher war, weil er bis dahin der - im positivsten Sinn - auffälligste Bielefelder Offensivspieler war. Beweglichkeit, Antriebskraft und eine Torvorlage zeichneten ihn aus. Es hätte sein Tag werden können, wäre es nicht eine Minute nach Wiederanpfiff zu jener unrühmlichen Aktion gekommen, die Bremens Björn Schierenbeck das 1:1 ermöglichte.
Rund 20 Minuten vor Schluss entschied sich Maik Walpurgis dazu, Cerci auszuwechseln. Der Trainer hatte gemerkt, dass sein sensibler Schützling jene Szene aus der 46. Minute nicht mehr aus dem Kopf bekam. Freundschaftlich, fast väterlich nahm der große Maik Walpurgis den kleinen Ferhat Cerci in den Arm, versuchte den Untröstlichen zu trösten.
Arminia Bielefelds letztem Amateuraufgebot gebührt ein riesiger Respekt dafür, wie es nicht zuletzt ihrem Unglücksraben Ferhat Cerci zuliebe nach dem 1:1 zum Gegenschlag ausholte und dafür die letzten Kräfte mobilisierte. »Wir haben allen anderen Mannschaften eindrucksvoll gezeigt, dass wir nicht nur Kanonenfutter sind«, war auch Amateur-Abteilungsleiter Peter Krobbach stolz auf die junge Bielefelder Mannschaft.
Angeführt vom überragenden Carsten Rump, dessen aufgekrempelte Ärmel ebenso Symbolcharakter wie Signalwirkung hatten, befreite sich der DSC zumindest für eine Woche ein wenig aus der »schwierigsten Situation des Jahres« (Walpurgis). Jugendspieler wie Nils Fischer und der eingewechselte Tim Danneberg wurden nicht nur mitgerissen, sie bereicherten Bielefelds Spiel, setzten sogar zarte Akzente.
»Mancher mag sagen, dass das Spiel Not gegen Elend war«, äußerte Carsten Rump. »Aber da fragt in ein paar Tagen keiner mehr nach.« Das 1:5 in Chemnitz sei, so Rump, ein Stich ins Herz gewesen. »Darum war es wichtig, dass wir gewonnen haben«, sagte der Kapitän. »Und ausgerechnet bei Rump-Wetter«, scherzte der verletzte Armine Christian Mehr, habe Bielefeld das bedeutende Spiel gegen Bremen gewonnen. Bielefelds Kapitän gestand tatsächlich, sich immer dann besonders wohl auf dem Platz zu fühlen, »wenn's richtig schmierig wird«.
Werder bekam der seifige Untergrund im Jahnstadion nicht so gut, die Gäste waren offensiv an Harmlosigkeit nicht zu überbieten. Trotzdem äußerte deren Trainer Thomas Wolter: »Ich muss meine Mannschaft in Schutz nehmen. Mit der Einstellung der Spieler bin ich zufrieden.«
Dabei wusste Wolter, dass die Arminia seine Bremer soeben tief in den Abstiegssog hineingezogen hatte. »Das war für uns das Wichtigste. Bremen ist ein direkter Konkurrent. Die mussten wir schlagen, um im Geschäft zu bleiben«, formulierte Carsten Rump. Nicht anders verhält es sich mit Preußen Münster, Bielefelds nächstem Gegner. Und weil auch Wetterbesserung nicht in Sicht ist, ist man schon fast geneigt zu sagen: Schöne Aussichten.

Artikel vom 16.11.2004