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Bosnier hat an
Bluttat keine
Erinnerungen

Staatsanwalt fordert Unterbringung

Von Uwe Koch
Bielefeld (WB). An einen grauenhafteren Anblick konnten sich auch die hartgesottenen Kripo-Ermittler der Mordkommission nicht erinnern: In einer Wohnung an der Weißenburger Straße lag am 28. Mai eine Frau mit abgetrenntem Kopf. Vor dem Haus bekannte sich ihr Ehemann ohne Umschweife zu der Tat. Seit Freitag verhandelt das Schwurgericht den Fall.

Auf der Anklagebank sitzt der Bosnier Ljubodrag T. (Name geändert), allerdings ist er in diesem Sicherungsverfahren Beschuldigter. Staatsanwalt Hans-Dieter Heidbrede hat die Unterbringung des Mannes in einer geschlossenen Anstalt der Psychiatrie beantragt. T. habe die Bluttat in einem Anfall von Wahnideen begangen. Der Mann sei also schuldunfähig gewesen.
Redlich mühte sich gestern Schwurgerichts-Vorsitzende Jutta Albert, den Mann überhaupt zum Sprechen zu bewegen. Er wolle sich eigentlich überhaupt nicht äußern, erklärte der Bosnier zu Beginn der Befragung; sehr zum Erstaunen auch seines Verteidigers Georg Schulze, der offenbar eine andere Absprache mit T. getroffen hatte.
An die Tat im Morgengrauen jenes Maitages könne er sich überhaupt nicht erinnern. Mehr noch: Dem Bosnier scheint nicht klar zu sein, dass seine Ehefrau Jolda (40) seinerzeit überhaupt einen gewaltsamen Tod fand. Ljubodrag T. hatte sich über das schlafende Opfer gebeugt und ihm die Kehle durchschnitten, dann gar den Kopf vom Rumpf getrennt.
Nach eigenen Angaben will der Mann seit geraumer Zeit Stimmen hören. Er könne daher »Traum und Realität« nicht voneinander trennen, sagte er gestern. Auf Fragen eines Sachverständigen bekannte er zudem, daher nicht Tatsachen und Fiktion auseinanderhalten zu können.
Nur wenige Minuten nach der Tat hatte sich der 46-jährige Täter von der Apfelstraße aus ein Taxi bestellt. Dem erstaunten Chauffeur hatte er dann aufgetragen, doch bitte Polizei und Krankenwagen zu bestellen. Er habe gerade seine Ehefrau getötet. Auf den Taxifahrer und auf die bald an der Weißenburger Straße eintreffenden Polizeibeamten hatte der Bosnier einen »ruhigen Eindruck« gemacht.
Dieses Verhalten änderte sich jedoch in den folgenden Tagen, als T. noch in Untersuchungshaft in der Haftanstalt Brackwede I einsaß: Hier hatte er einen Mithäftling mit dem Tode bedroht. Der Insasse solle ruhig sein, sonst - so kündigte T. an - werde er zustechen. Der Prozess wird fortgesetzt.

Artikel vom 13.11.2004