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Der Autor mit seinem Buch, in dem ein anderes Bild des Papstes gezeichnet wird.

»Er versteckt seine Gebrechen nicht«

Andreas Englisch zeichnet ein anderes Bild von Johannes Paul II.

Von Malte Samtenschnieder
(Text und Fotos)
Brackwede (WB). Wenn Andreas Englisch über Papst Johannes Paul II spricht, sind die Vortragssäle voll. Denn als langjähriger Berichterstatter aus dem Vatikan kennt der Journalist das Oberhaupt der katholischen Kirche aus der Nähe wie nur wenige.

Auch bei seinem Zwischenstopp in der Brackweder Herz-Jesu-Gemeinde war der Andrang riesengroß. 200 Zuhörer verfolgten im Pfarrheim Andreas EnglischÕ spannende Ausführungen. Und so mancher Besucher ging nach der Veranstaltung mit einem revidierten Papstbild nach Hause. Denn mit Leidenschaft demontierte Andreas Englisch während seines 90-minütigen anekdotenreichen Vortrags gängige, seiner eigenen Erfahrung nach falsche Klischees zur Person des Heiligen Vaters.
»Johannes Paul II. ist nicht der verbitterte, alte Mann, als der er immer beschrieben wird«, gab der Referent zu bedenken. Als dies aufgrund seines Gesundheitszustandes noch möglich gewesen sei, habe sich der Papst freudige Momente verschafft, indem er seiner Leidenschaft, dem Sport, nachgegangen sei, so Englisch. Johannes Paul II. liebe die Berge und sei ein begeisterter Wanderer und Skifahrer gewesen. »Auch schwamm seine Heiligkeit gerne und hat auf dem Tennisplatz der Sommerresidenz bereits gegen Wimbledon-Sieger gespielt.«
Inzwischen sei Johannes Paul II jedoch ein Gefangener seines verfallenden Körpers. »Aber er versteckt seine Gebrechen nicht«, so Andreas Englisch weiter. Dies entspreche nicht seiner Mentalität. Denn: »Der Papst geht die letzten Meter seines Lebensweges ohne Angst in der Gewissheit, nach seinem Tod dem gütigen Gott nahe zu sein.« Eine Botschaft, die er durch sein »öffentliches Sterben« als ermutigendes Signal für andere nach außen tragen wolle.
Als größte Lebensleistung Papst Johannes Paul II bezeichnete Andreas Englisch die Tatsache, dass er es während seines 25-jährigen Pontifikats geschafft habe, über Religionsgrenzen hinweg als »Mann des Friedens« anerkannt zu werden. »Dank seines Improvisationstalents verwandelte der Heilige Vater schwierige Situationen in seine größten Triumphe«, so der Referent. Damit habe er nicht zuletzt zum Ende des »kalten Krieges« beigetragen.
Eine wichtige Rolle bei der Verbreitung der Botschaft des Papstes spielen laut Andreas Englisch die 108 Auslandsreisen, bei denen ihn 90 Millionen Menschen live erlebten. »Für die Flugkosten haben der Vatikan und die Kirche dabei keinen Cent bezahlt«, räumte Englisch mit einem weiteren Vorurteil auf. Vielmehr müssten Journalisten wie er, die den Papst auf seinen Reisen begleiten, für ihre Tickets zahlen, um immer an seiner Seite sein zu können.
Die Zuhörer dankten Andreas Englisch mit herzlichem Beifall für seine spannenden Ausführungen, bevor er einigen von ihnen bereitwillig Exemplare seiner Papst-Biografie signierte.

Artikel vom 13.11.2004