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Raucherpause auf der Kippe

Chefvolkswirt der Deutschen Bank will nur echte Arbeitszeit bezahlen

Paderborn/Verl (WB/dpa). Raucher- und Teepausen sollen vom Gehalt abgezogen werden. Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank, fordert, dass nur noch echte Arbeitszeit bezahlt wird. Vertreter von SPD, CDU und FDP unterstützen den Vorstoß.
Wer im Job nicht auf den Glimmstängel verzichten kann, soll länger arbeiten.
»Wer im Job Rauchen und Tee trinken will, soll das auch weiterhin tun dürfen. Aber keiner kann verlangen, dass Arbeitgeber Zigaretten- und Teepausen auch noch bezahlen«, sagte Walter der »Bild am Sonntag«. Künftig solle nur noch die echte Arbeitszeit entlohnt werden. Das senke die Arbeitskosten der Unternehmen.
Positiv beurteilt Klaus Brandner, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion aus Verl (Kreis Gütersloh), die Idee Walters. »Die Tarifparteien sollten überprüfen, ob es sinnvoll ist, bezahlte Pausen zu streichen. Wo keine Tarifverträge existieren, müssen Betriebsräte und Firmenleitung eine angemessene Lösung finden«, sagte Brandner.
Unterstützung erhält Walter auch aus den Reihen von Union und FDP. »Es ist ungerecht gegenüber Nichtrauchern, wenn Raucher in ihren Pausen bezahlt werden. Wo es möglich ist, sollten sich Raucher vor ihren Pausen per Stechkarte abmelden. Oder sie müssen die Zeit nacharbeiten«, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Fuchs. Auch FDP-Arbeitsmarktexperte Dirk Niebel signalisierte Zustimmung: »Wir sollten erreichen, dass über die gesetzlichen Pausen hinaus nur die wirkliche Arbeitszeit entlohnt wird.«
Unstrittig ist, dass das Rauchverbot am Arbeitsplatz bereits in vielen Betrieben zu Auseinandersetzungen geführt hat. Da Rauchen derzeit oftmals gleichbedeutend mit einer Pause ist, fühlen sich viele Nichtraucher benachteiligt. Das veranschaulicht eine einfache Beispielrechnung. Dürfen die Mitarbeiter eines Unternehmens pro Stunde fünf Minuten zum Rauchen nach draußen und bleiben nur etwas länger, kommt pro Arbeitstag für jeden rauchenden Mitarbeiter fast eine Stunde zusammen.
Schon beim Paderborner Kapitalmarktforum für Kirche und Caritas am Freitag hatte Norbert Walter klare Worte zur wirtschaftlichen Situation in Deutschland gefunden. »Wir haben Mitte der 90er Jahre zu Lasten der nächsten Generation gelebt. Wenn wir das nicht korrigieren, haben wir die Zukunft schon fast verloren«, erklärte Walter.S. 2: Kommentar

Artikel vom 15.11.2004