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Begeisterung wieder da

Oberligist VfB Fichte entdeckt alte Tugenden neu

Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). Es war eine süße Szene nach dem Abpfiff. Der grienende Papa »Eli« Belombo reichte Töchterchen Ornella an Fidel Muwana weiter, und der Ahlener Onkel schäkerte mit der Einjährigen um die Wette. Bei so viel Herz war die 0:1-Niederlage gegen seinen Ex-Verein gleich erträglicher. Auch nach Muwanas Wechsel zu LR verbindet beide Spieler eine nette Freundschaft.

»Wir arbeiten sehr vernünftig, wir zeigen eine sehr gute Disziplin, wir sind eine Mannschaft«, diktierte Belombo drei Gründe für den zurückgekehrten Erfolg in die Blöcke. Insbesondere die Dreierkette funktioniert wieder »wie in alten Zeiten«, schwärmt Marketing-Geschäftsführer Dirk Starke. Marcel Leeneman bescheinigt er »einen Bombenpart für seine erst 19 Jahre«. Der solide spielende Ex-Armine lässt seinen nach Verl abgewanderten Vorgänger Josef Cinar schon nahezu vergessen.
Durch die Bank ist zu beobachten, dass nahezu jeder VfB Fichte-Spieler kaum wiederzuerkennen ist. Der Aserbaidschaner Ilham Mamedov (34), der aufgrund seiner fußballerischen Qualitäten innerhalb der Mannschaft ein hohes Ansehen genießt (Starke: »Auch von seiner Wesensart ein absolut akkurater Sportsmann«), kam wie Phönix aus der Asche und blüht in seinem vierten Rußheide-Jahr auf.
Kapitän Jens Reitemeier lieferte am Sonntag seine wohl beste Saisonleistung ab. »Wir legen deutlich unsere alten Tugenden an den Tag. Wir müssen unglaublich viel arbeiten für jeden Punkt. Und wir leisten die Arbeit auf dem Platz. Der Knoten ist geplatzt«, glaubt Starke. »Die Begeisterung ist wieder da. Unsere ÝAltenÜ, die wochenlang so bedrückt wirkten, haben wieder den Spaß am Fußball gefunden. Und ihre Euphorie springt auf die anderen über«.
Fußballobmann Rainer Goldmann (»Die Spieler sind aufgewacht. Diese Bilanz nach dem Trainerwechsel habe ich mir im Traum nicht ausgerechnet«) und Dirk Starke (»Wir sind nicht einmal kritisiert worden, dass wir diesen Schritt unternommen haben. Es passt einfach. Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell geht«) sind unisono erleichert. Die Rechnung wird immer selbstbewusster: Aus den nächsten Partien im Erkenschwicker Stimberg-Stadion und gegen Vorwärts Kornharpen sollen vier Punkte her. »Und dann sieht die Welt ganz anders aus«, blickt Dirk Starke zuversichtlich nach vorne.
Trainer Dr. Jörg Weber und Berater Mario Ermisch arbeiteten auch gestern Abend Hand in Hand. Derweil Weber mit denen, die aktiv zum Sieg beigetragen hatten, ein Regenerationsprogramm absolvierte, führte Ermisch mit all denen, die wenig bis gar nicht gespielt hatten, ein reguläres Training durch. Dazu gesellten sich wie jeden Montag die Nachwuchsspieler des VfB Fichte, die zurzeit mit dem VfL Theesen auf der Erfolgswelle schwimmen.
Nach der Begegnung gegen den SC Verl am 12. Dezember, der Dr. Jörg Weber heute schon entgegenfiebert, wollen sich VfB Fichte-Funktionäre und sportliche Leitung zusammensetzen und die Situation analysieren. Da ist es gut möglich, dass Webers zunächst bis zum Saisonende laufender Vertrag vorzeitig verlängert wird.
Dass es für den Oberligisten ein Happyend geben wird, steht für Jörg Weber außer Frage. »Ich war und bin immer davon überzeugt, dass der VfB mehr Potenzial hat, als es der Tabellenplatz vielleicht aussagt. Um die Mannschaft ist mir nicht bange, sie ist lernwillig und leistungswillig. Sie holt sich im Training - dort lege ich im Spiel eins gegen eins, zwei gegen zwei oder drei gegen drei viel Wert auf das Zweikampfverhalten - die Sicherheit für die Spiele«.
Der Vorjahresvierte (57 Zähler) ist die Mannschaft der Stunde. Gleichwohl sei der Klassenverbleib das Maß aller Dinge. Jenen, die nach neun Punkten aus drei Spielen womöglich einen verklärten Blick bekommen, entgegnet Weber: »Wir brauchen am Ende 40 plus drei Punkte. Und das ist noch eine Menge Holz«.

Artikel vom 09.11.2004