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Carsten Koziolek, Nermin Akkök, Nicole Schlepphorst-Brei und Gerd Kularus (von links) gingen in ihrem Projekt für das Bielefelder Unternehmen »Diamant Software« der Frage nach, wie ein neues Produkt des Unternehmens auf dem Markt eingeführt werden kann.

»Es fehlt an positiven Visionen«

Sparkassenchef Hans-Georg Vogt redet Klartext - Angstszenario beklagt

Von Paul Siegfried Schulz
(Text und Fotos)
Brackwede (WB). »Jammern Sie noch oder handeln Sie schon?» wandelte Hans-Georg Vogt, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Bielefeld, den bekannten Werbeslogan eines nicht minder bekannten Einrichtungshauses leicht um.

Was er damit meinte, hatte er zuvor in seiner Rede zum »Econ-Tag« am Rudolf Rempel-Berufskolleg deutlich gemacht. Der vom ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog bereits vor sieben Jahren geforderte »Ruck«, der durch Deutschland gehen müsse, sei in zu vielen Bereichen bisher ausgeblieben, obwohl es sinnvolle Reformansätze gebe.
Doch statt des Rucks würde ein Angstszenario weite Teile der Reformdiskussion beherrschen, gebe es Zukunftsängste, wohin man auch schaue. Verantwortlich dafür seien die Politiker und die Interessenverbände, die unfähig seien, den Menschen die Notwendigkeit von Reformen zu erklären.
Aber auch die Medien seien mit verantwortlich für dieses Angstszenario, würden sie doch jede Reformauswirkung an einem Einzelfall darstellen und so die Probleme und Risiken herausstellen. Vogt: »Bei uns wird jeder Reformansatz sofort zerredet.« Unserem Land würden positive Visionen fehlen, es werde viel zu wenig über Chancen gesprochen.
Allerdings dürfe die Gesellschaft auch nicht darauf warten, dass der notwendige und von Herzog vor sieben Jahren geforderte Ruck allein von oben kommt, verordnet wird. Der Ruck müsse von uns allen kommen, es müssten »viele kleine Rucke« kommen, die dann zu dem großen Ruck führen.
Vogt: »Unser Land braucht Menschen, die Verantwortung übernehmen, Menschen, die handeln.« Genau diese Menschen sehe er in jene, die ihre Ausbildung am Rudolf Rempel-Berufskolleg absolvieren, um sich weiter zu bilden, voran zu kommen und so Verantwortung übernehmen zu wollen.
Am Econ-Tag des Rudolf Rempel-Berufskollegs stellen angehende staatlich geprüfte Betriebswirte und -wirtinnen ihre Projekte vor, die sie zusammen mit Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen aus der Region im Rahmen ihrer Ausbildung erarbeitet haben. Der Studiengang läuft neben der beruflichen Tätigkeit der jungen Frauen und Männer nebenher, ebenso die Projektarbeit, die die enge Verzahnung mit der Praxis verdeutlichen soll.
So dankte in seiner Begrüßungsrede Schulleiter Dr. Wolfgang Kehl nicht nur den Studierenden, die die Projekte durchführten, sondern auch den Unternehmen, die dies erst möglich machen, und den Lehrkräften, die diese Projekte begleiten.
Kehl hatte zuvor ausgeführt, dass die Studierenden der Wirtschaftsfachschule ein hohes Engagement aufweisen, die Formel vom lebensbegleitenden Lernen ernst nehmen und Kompetenzen erwerben würden, die für ihre persönliche Weiterentwicklung, aber auch für die Weiterentwicklung der Wirtschaft in der Region wichtig seien.
Dabei unterstrich er die Wichtigkeit seiner Schule als »Qualifizierungseinrichtung.« Sie sei ein Standortfaktor für die Region und für die Stadt Bielefeld ein Instrument der Arbeitsmarkt- und Strukturpolitik.
Dabei sei die Verbindung zwischen Wirtschaftsfachschule und Wirtschaft ein wesentlicher Faktor. Mit dieser sichtbaren Kooperation werde auch der Weg in die Zukunft gewiesen, wenn die Stadt es denn wolle. Eine Zukunft als regionales Kompetenzzentrum, das mit Qualifikation und Innovation praxisnahe Grundlagen für die Weiterentwicklung legen könne.
Kehl: »Die Stadt Bielefeld hat die größte Wirtschaftsfachschule der Bundesrepublik Deutschland. Mit diesem Pfund kann sie wuchern, wenn sie nur will.«
Die Grußworte der so angesprochenen Stadt Bielefeld hatte Bürgermeister Detlef Helling überbracht, selbst ehemaliger Studierender am Berufskolleg. Helling würdigte die Verknüpfung von Wirtschaft und Schule und sieht darin einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung der Wirtschaftskriterien der Region.

Artikel vom 08.11.2004