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Nicht nur als Solist war der Schlagerstar zu hören. Er trat auch gemeinsam mit dem Männerchor auf. »Das passt zusammen«, hatte er bei seiner Verpflichtung gesagt.

Auch mit 79 nichts
von Charme und
Stimme verloren

Fred Bertelmann begeistert Zuhörer

Von Jutta Albers
(Text und Fotos)
Sennestadt (rs). So voll besetzt wie am Samstag war die Aula der Hans-Ehrenberg-Schule bei einem Herbstkonzert des MGV »Einigkeit« schon lange nicht mehr. Der neue erste Vorsitzende Rolf Scholly, der die Gäste begrüßte, bedankte sich bei seinen Sangesbrüdern für den fleißigen Kartenvorverkauf, aber mit dem »Bertelmann-Rückenwind« gab es wohl keine Absatzschwierigkeiten.

Chorleiter Horst Petruschke war es gelungen, als Stargast Fred Bertelmann, einen der populärsten Schlagersänger der 50er und 60er Jahre, der auch in zahlreichen Unterhaltungsfilmen mitwirkte und mit dem Titel »Der lachende Vagabund« weltberühmt wurde, nach Sennestadt zu holen.
Dem ersten Kontakt über eine Agentur folgte eine persönliche Absprache. »Männerchor und Bertelmann, das Genre passt doch«, darüber waren sich beide Profis schnell einig. Aber Bertelmann kommt nicht ohne seinen »Leibpianisten« Thomas Fink, Hauspianist beim Bayerischen Rundfunk Studio Nürnberg, mit dem er schon seit mehr als 40 Jahren zusammenarbeitet. Das ist nicht verwunderlich, denn dieser vielseitige Vollblutmusiker, auch in der Jazzszene zu Hause, ist mehr als ein Begleiter.
Zum Auftakt des Konzerts präsentierte sich ein, wie gewohnt, hochmotivierter Männerchor mit der »Lust am frohen Singen«, dem Westfalenlied und drei bekannten Schubert-Liedern, wo feine dynamische Abstufungen, ein kultiviertes Klangbild und hervorragende Artikulation Interpretationsmerkmale waren. Da fielen die beim a capella-Gesang unvermeidlichen Intonationstrübungen kaum ins Gewicht.
Dann trat er auf, der »lachende Vagabund« Fred Bertelmann. Im eleganten weißen Dinnerjackett ließ er schon mit dem ersten Titel »Ein kleines Lied auf allen Wegen« keinen Zweifel daran, dass man auch mit knapp 80 Jahren noch über eine tremolofreie Stimme mit schönem Timbre verfügen kann, über Charme und Ausstrahlung. »Beflügelt« von seinem Pianisten präsentierte er ein Potpourri von Titeln wie »In Hamburg sind die Nächte lang«, »Arrividerci Roma«, »Mexikanische Serenade« und natürlich als lachender Vagabund: »Meine Welt ist bunt«. Und viele Besucher schwelgten in Jugenderinnerungen.
»Ach,ich hab in meinem Herzen« vereinte Solisten und Chor, begleitet von Thomas Fink und Thomas Obbelode am Keyboard, zu einem stimmungsvollen Ausklang des ersten Programmteils.
Beschwingt ging es nach der Pause weiter mit Melodien von Franz Grothe, die die animierten Sangesbrüder, unterstützt von den Tasteninstrumenten, temperamentvoll darboten. Und wieder eroberte sich Fred Bertelmann die Herzen der Zuhörer mit »Zwei Gitarren am Meer«. Dieses alte Liebeslied habe er 1943 zum ersten Mal gesungen, verrät er den begeistreten Zuhörern. Man glaubt ihm, dass er heute noch mit der gleichen Begeisterung auf der Bühne steht wie vor 50 Jahren.
»Schön, wenn man einen Beruf hat, den man gern ausübt, der Freude macht und Freude bereitet« - so sein Credo. Da durfte es auch ein wenig ehrlich-sentimental werden wie mit dem Titel »Es ist ein Herzenswunsch von mir, dass es Dir gut geht« oder dem für Frank Sinatra getexteten Song »So leb dein Leben« (»My Way«).
Für das große Finale mit allen Mitwirkenden hatten sich Bertelmann und Petruschke »OlĂ• man river« aus dem »Show Boat« - mit dieser Musicalrolle war Bertelmann einst am Chicagoer Opernhaus erfolgreich - und Peter Kreuders Evergreen »Sag beim Abschied leise Servus« ausgesucht.
Das begeisterte Publikum aber gab sich erst nach drei Zugaben, »Auf Wiedersehen« ausgelassen mitsingend, zufrieden.

Artikel vom 08.11.2004