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Tag der Einheit bleibt

Grüne lehnen Verlegung ab - Kanzler macht Rückzieher

Berlin (dpa). Der 3. Oktober bleibt nun doch ein gesetzlicher Feiertag. Nach einer Protestwelle und dem Appell von Bundespräsident Horst Köhler gegen die Regierungspläne, den Tag der Deutschen Einheit auf einen Sonntag zu legen, erklärten die Koalitionsfraktionen SPD und Grüne den Vorschlag am Freitag in Berlin für erledigt.
SPD-Partei- und -Fraktionschef Franz Müntefering machte für den Rückzieher die Grünen verantwortlich. Deren Fraktionsvorsitzenden Krista Sager und Katrin Göring-Eckardt sagten, »wir glauben, dass auch in den Reihen unseres Koalitionspartners viele Verständnis haben werden, wenn wir diesem Vorschlag nicht folgen können«. Die Grünen waren in die Überlegungen zu dem Feiertag nicht einbezogen worden.
Am Freitag hatten erneut zahlreiche Politiker und Verbände das Vorhaben der Regierung scharf kritisiert. Nach einer Umfrage wollen 67 Prozent der Bürger den Einheitsfeiertag am 3. Oktober behalten. Die Kirchen warnten vor einer Spaltung der Gesellschaft.
Bundeskanzler Gerhard Schröder räumte am Rande des EU-Gipfels in Brüssel ein, dass es keine Mehrheit für den Regierungsvorschlag gegeben habe. Wenn die Bundesregierung am Opportunismus einer »ganz ganz großen Koalition« scheitere, müsse er das zur Kenntnis nehmen. »Aber ich werde nicht nachlassen im Bemühen, Deutschland zukunftsfähig zu machen.« Es gehe darum, »dass man für ein anständiges Entgelt ein bisschen mehr arbeitet«.
Nach einem Bericht der »Leipziger Volkszeitung« hat Müntefering den Stopp im Alleingang durchgesetzt. Schröder sei erst anschließend informiert worden.
Müntefering sagte, der Verzicht auf den Vorschlag für den Haushaltsentwurf 2005 reiße eine erhebliche Lücke. »Ich erwarte, dass die ehrlich Besorgten, die Mutlosen, die Bequemen und die Polemiker, die sich zu diesem Regierungsvorschlag gemeldet haben, nun verantwortungsbewusst dazu beitragen, eine bessere Lösung für Haushalt und Wachstum zu finden.«
Zuvor sorgte der Briefwechsel von Köhler und Schröder zur Zukunft des Einheits-Feiertages für Aufregung. Köhler hatte in dem Brief an den Kanzler geschrieben: »Ich sehe Ihre Entscheidung mit Sorge. Es können überzeugendere Wege gefunden werden, um auch durch einen zusätzlichen Arbeitstag zur Konsolidierung der Staatsfinanzen beizutragen.« Schröder antwortete: »Wenn Sie auf überzeugendere Wege hinweisen, will ich mich der Diskussion darüber nicht verschließen.«
In der Koalition wurde Köhlers Brief als »unglaublicher Vorgang« bewertet. Der Bundespräsident habe offenbar »seine vom Grundgesetz festgelegte Rolle« noch nicht verstanden. CSU-Generalsekretär Markus Söder sagte hingegen, es sei eine »Unverschämtheit, in welchem Gossenjargon der Bundeskanzler den Bundespräsidenten anschreibt«. Schröder müsse sich entschuldigen.
Seite 4: Kommentar/Hintergrund

Artikel vom 06.11.2004