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Fallmanager vor großer Aufgabe

Dieter Lüke und Susanne Affeldt machen Sozialamt fit für »Hartz IV« und »ALG II«

Von Monika Schönfeld
(Text und Foto)
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Die Vorbereitungen für die Umsetzung des Gesetzes »Hartz IV« laufen im Sozialamt der Stadt auf Hochtouren. 140 Fälle geben die designierten »Fallmanager« Dieter Lüke und Susanne Affeldt in den Computer ein. Mit Hartz IV und dem Arbeitslosengeld II steht dem städtischen Sozialamt noch manche Herausforderung bevor.

Bis zum 1. Januar 2005 müssen die 140 Fälle erfasst sein, berichtet der stellvertretende Leiter des Sozialamts, Dieter Lüke. Dabei handelt es sich um Sozialhilfeempfänger, die bereits heute vom Sozialamt betreut werden. Zu Beginn nächsten Jahres kommen 50 Fälle dazu, die die so genannte Grundsicherung beanspruchen. Das sind Menschen im Rentenalter oder dauerhaft Erwerbsunfähige. Und Mitte Februar erwartet Lüke das Gros der Fälle von der Bundesagentur für Arbeit: Etwa 500 Menschen, die heute Arbeitslosenhilfe bekommen, werden dem städtischen Sozialamt zugeordnet.
Dieter Lüke und Kollegin Susanne Affeldt kämpfen mit dem neuen Computersystem, mit dem alle Fälle erfasst werden müssen. Die Software sei umständlich und stürze schon mal ab. Momentan könnten nur zwei Mitarbeiter gleichzeitig die Daten eingeben - sonst droht die Überlastung des Systems. Jeder Fall müsse in einen patentierten Aktendeckel einsortiert werden - das Schienensystem passt allerdings nicht zum vorhandenen.
Kleine Fische im Vergleich zu dem, was dem Sozialamt noch bevorsteht. Die bisher elf Mitarbeiter werden verstärkt - vermutlich werden vier neue Mitarbeiter als Leistungssachbearbeiter eingestellt, die in einer einwöchigen Schulung für ihre Aufgabe fit gemacht werden. »Das Rathaus ist jetzt schon zum Bersten voll. Es läuft wohl darauf hinaus, dass zwei Mitarbeiter in einem Büro arbeiten müssen - das ist dann wieder ein Problem des Datenschutzes«, sagt Lüke. »Wir müssen abwarten, wie das verwirklicht werden soll.« Noch nicht abzuschätzen sei, ob mehr Publikums im Sozialamt zu bewältigen sein wird. Lüke meint, das müsse so sein. »Von den Hilfeempfängern wird erwartet, dass sie aktiv werden.« Zudem wird auch noch Platz für die Arbeitsvermittler von der Bundesagentur für Arbeit benötigt, die im Rathaus regelmäßig Sprechstunden anbieten werden.
Mit dem Arbeitslosengeld II (ALG II) werden die Regelsätze pro Person auf 345 Euro pro Monat, bei Eheleuten auf 311 Euro pro Person festgeschrieben. Die Miete übernimmt das Sozialamt, allerdings wird nur eine Kaltmiete von 4 bis 5,11 Euro pro Quadratmeter übernommen. Wer mehr zahlen muss, muss innerhalb von sechs Monaten umziehen. Für die Heizkosten gibt es einen Höchstsatz. Bisher, so berichtet Lüke, gab es 296 Euro Sozialhilfe für den Haushaltsvorstand, allerdings viele Beihilfen, mit denen die Menschen über das ALG II kamen. Lüke kritisiert: »Ich glaube nicht, dass die Politiker bei Beschlussfassung wussten, was im Detail hinter steckt.« Wenn ein Ehepartner im fortgeschrittenen Alter ins Heim müsse, bekommt der andere nur noch einen »angemessenen Lebensunterhalt«, der auf Sozialhilfeniveau falle. Außerdem müsse er sein Vermögen einsetzen, bevor er Unterstützung erhalte. Heimbewohner bekommen (nach einer Übergangsphase) nur noch 89 Euro Taschengeld, egal, wie hoch der eigene Anteil an der Finanzierung des Heimplatzes sei. Und mit dem Arbeitslosengeld II erwartet alle die gleiche Leistung - den Landstreicher, der noch nie Geld einbezahlt, so viel wie den, der sein Leben lang gearbeitet und die Sozialsysteme getragen habe.
Positiv bewertet Lüke das Prinzip des Förderns und Forderns. Jeder im Alter unter 25 Jahren solle eine Beschäftigung erhalten, die Arbeitsvermittler könnten sich intensiver kümmern, weil sie weniger Fälle zu betreuen hätten. Die Schwelle der Zumutbarkeit von Arbeitsstellen für die Betroffenen werde hinabgesetzt. Eine Fülle von Maßnahmen sollen geschaffen werden. Allerdings meint Lüke, dass es sich um künstliche Stellen handeln wird. »Ob das wirklich mehr Arbeitsplätze erzeugt? Wohl nur so lange, wie die Stellen subventioniert werden.«

Artikel vom 30.10.2004