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Niemals ohne die Kichererbsen

»Olla Podrida«: Im Museum Huelsmann wurde mittelalterlich gekocht

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Karl der Große soll sie bereits genossen haben, weiß die Legende. Im Roman »Don Quijote« wird sie beschrieben, Casanova erwähnt sie in seinen Memoiren und Alexandre Dumas widmet ihr ein Kapitel in seinem »Großen Wörterbuch der Kochkunst«. Aber nur wenige können sie zubereiten, die »Spanische Suppe«, die Polla Podrida.

Brigitte Lüße, Meisterin der Hauswirtschaft, gehört dazu. Gestern Abend servierte sie die »Olla« bei einer Veranstaltung im Museum Huelsmann; dort wird noch bis zum 16. Januar die Ausstellung »Von Suppen und Terrinen - Die aufsehenerregende Karriere von Speise und Gerät« gezeigt.
Zeit braucht man für die Suppe, deren früheste Rezepte in Schriftform aus dem 15. Jahrhundert stammen: Brigitte Lüße hat zwei Tage geschnippelt, angebraten, geköchelt, eingeweicht.
Weil Rezepte anno dazumal keine Mengenangaben machten, habe sie sich nach und nach herangetastet, bis die Mischung stimmte. Früher wurde stark gewürzt, weil man damit Reichtum zeigen konnte, erzählt sie. Für sie eine der wichtigsten Zutaten: Kichererbsen.
Im Laufe der Jahrhunderte hat sich die Olla Podrida vom Festessen kastilischer Bauern verändert zum Familienessen der Bourbonen und Habsburger: Das opulente Mischgericht aus Schlachtfleisch endete - als Bouillon. Der wurde bei den Hofbällen von der »Olla« abgeschöpft - schließlich wollte man etwas Warmes, Kräftigendes im Magen haben, aber auch noch tanzen können. Vorher, in der Renaissance, reichte man auch gern noch eine Liebesapfel- oder Petersiliensauce dazu.
Brigitte Lüße weiß allerlei Anekdoten über die »Olla«. Zum Beispiel die der englischen Jagdgesellschaften. Während die Herrschaften dem Wild hinterher jagten, brodelte die Olla über dem offenen Feuer - als Stärkung zwischendurch. Und weil über dem offenen Feuer auch die Socken der Jäger trockneten, landete so mancher Strumpf im Suppentopf - und gab dem Gericht die richtige Würze. In ihre Olla Podrida komme nur das, was es zur Zeit Karls des Großen gab: Fleisch, auch Wild und Geflügel, eben Kichererbsen, Möhren, Lauch, Weißkohl, Kräuter und Gewürze. Für kleine Familien lohnt sich der Aufwand kaum. Brigitte Lüße: »Mindestens ein Dutzend Gäste sollten schon am Tisch sitzen.«

Artikel vom 29.10.2004