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Eine Kindheit in Pommern

Gebhard Redlins »Betrogene Jugend« erschienen


Von Ruth Matthes (Text und Foto)
Herford/Bielefeld (WB). Nach den beiden Bänden über sein Leben mit der NWD-Philharmonie stellt der ehemalige Geschäftsführer des Orchesters, Gebhard Redlin, nun am Mittwoch, 10. November, in der Kreuzkirche in Bielefeld, Schildescher Straße 102, sein neues Buch vor: »Betrogene Jugend« - eine sehr persönliche, lebendige Schilderung seiner glücklichen Kindheit in Pommern und seiner Kriegsgefangenschaft im russischen Asbest.
Der 80-jährige Autor lässt seine Leser an einem Schicksal teilhaben, das für seine Generation typisch ist. Er hatte im Gegensatz zu den meisten seiner Mitschüler jedoch das Glück, den Zweiten Weltkrieg und das Lager lebend zu überstehen - und er hatte die seltene Möglichkeit, in einem russischen Lager ein Orchester aufbauen und leiten zu dürfen. So schwingt in seinen Schilderungen der unmenschlichen Lagerbedingungen auch Dankbarkeit mit. Diese verschont ihn wohl auch vor einer Pauschalverurteilung der Russen, die er sehr differenziert darstellt.
Gebhard Redlin schildert aus der Perspektive des Sohnes einer methodistischen Familie, der zunächst im Ackerbürgerstädtchen Gollnow und dann in der Hauptstadt Stettin aufwächst, anschaulich den Alltag in Pommern -Êvom mütterlichen Waschtag bis zum ersten Theatererlebnis. Immer mehr dringt der Nationalsozialismus in diesen Alltag ein. So erlebt der junge Gebhard den wachsenden Einfluss der Nationalsozialisten am Wegzug seines jüdischen Freundes David, dessen Familie es gelang, in die USA zu fliehen, und am Eintritt der gesamten Schule ins Jungvolk. Auch die wichtigsten landes- und weltpolitischen Ereignisse bindet er in seine Erinnerungen ein.
Der Autor ist in seinen Kommentaren und Schilderungen zwar sehr persönlich, aber nie sentimental und analysiert aus dem Abstand der Jahrzehnte ganz klar die Verblendung durch die Nationalsozialisten, der seiner Ansicht nach die meisten Menschen damals erlegen waren. An seinen persönlichen Glaubenszweifeln und am Nachdenken über das Für und Wider des Sozialismus lässt er den Leser ebenfalls teilhaben ISBN 3-00-013360-7

Artikel vom 30.10.2004