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Wahlkampf hautnah erlebt

Inga Poste aus Schloß Holte-Stukenbrock lebt derzeit in den USA

Von Malte Samtenschnieder
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). »John Kerry oder George W. Bush - welcher Kandidat wird die US-Präsidentschaftswahl gewinnen?« Mit dieser spannenden Frage sieht sich die Schloß Holte-Stukenbrockerin Inga Poste in ganz besonderer Weise konfrontiert. Als Austauschschülerin an der US-amerikanischen Poland Regional High School verfolgt die 17-Jährige derzeit den »heißen« Wahlkampfendspurt hautnah. Im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT schildert sie ihre Eindrücke.

Bereits Mitte August begann Inga Postes sechsmonatiges Amerika-Abenteuer, nach dessen Ende - im Februar 2005 - die Schülerin an das Gymnasium Verl zurückkehren wird. Derzeit lebt die junge Frau in der 5000-Einwohner-Stadt Poland (Bundesstaat Maine) im Nordosten der USA. Auf einer Farm mit drei Pferden, einem Hund und einigen Hühnern fand sie bei freundlichen Gasteltern und deren drei netten Kindern (13, 15 und 17 Jahre) ein Zuhause.
Zur Schule geht Inga Poste in die Poland Regional High School. Mit 180 weiteren Teenagern besucht sie dort die zwölfte Klasse. »Meine Mitschüler sind alle sehr aufgeschlossen und hilfsbereit«, sagt Inga Poste. Immer wieder müsse sie Fragen nach ihrem Herkunftsland beantworten. Durch das rege Fragen und Antworten habe sie inzwischen viele neue Freunde gefunden.
Außer Geschichte, Englisch, Psychologie, Mathematik, Kunst und einer Einführung in den Umgang mit der Videokamera stehen Tanz und Theater auf Inga Postes reichhaltigem Stundenplan. Bis zu elf Stunden verbringt sie täglich in der Schule. Ohne zu murren. Denn: »Hier macht der Unterricht mehr Spaß als in Deutschland«, findet die Jugendliche. Das liegt ihrer Meinung nach etwa an der deutlich entspannteren Lernatmosphäre. Ein Beispiel: »Wenn einer meiner Mitschüler bei einer Arbeit eine schlechte Note bekommt, kann er den gleichen Test einfach noch einmal schreiben«, so Inga Poste.
»Momentan sind unsere Lehrer bemüht, uns die Bedeutung der bevorstehenden Präsidentschaftswahl vor Augen zu führen«, ergänzt die Schülerin. Denn vielen Jugendlichen sei das Gewicht der eigenen Stimme nicht bewusst. Inga Poste: »Deshalb war die Wahlbeteiligung unter den 18- bis 24-Jährigen nach Meinung unserer Lehrer in der Vergangenheit immer sehr gering.«
Große Bedeutung für den Ausgang des Rennens ums Weiße Haus misst die junge Frau den drei Fernsehdebatten von John Kerry und George W. Bush bei. Überhaupt beobachtet sie, dass in Radio, Fernsehen, Zeitungen und Internet ausführlich über die beiden Kontrahenten und ihre politischen Überzeugungen berichtet wird. Inga Poste: »Einige Menschen in Poland stellen auch Plakate ÝihrerÜ Kandidaten im Vorgarten auf, um so ihre Mitmenschen zu beeinflussen.« Zudem gebe es durchorganisierte Telefon-Kampagnen: »Mindestens drei Mal pro Woche haben wir ein Info-Band am anderen Ende der Leitung, das voll automatisch eine Wahlempfehlung abspult«, erzählt die Schülerin.
Über den Irak-Krieg - eines der Haupt-Wahlthemen - wird in Inga Postes Umfeld hingegen nur verhalten geredet. Festgestellt hat die Schülerin jedoch, dass die Meinungen in diesem Punkt weit auseinander gehen. Überhaupt wird der Wahlkampf ihrer Meinung nach nicht an der Ost- sondern an der Westküste entschieden. Inga Poste: »Obwohl beide Kandidaten Maine bei ihrer Wahlkampftour besucht haben, gilt ihr größtes Interesse Kalifornien.« Denn: Maine bringt lediglich vier Stimmen im Electoral College, das letztlich den US-Präsidenten wählt. Kalifornien hingegen 53.

Artikel vom 29.10.2004