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Der Geschichtenerzähler

Friedenspreisträger Péter Esterházy hatte volles Haus

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Sein voller Name würde auf keinen Bucheinband passen: Péter Graf Esterházy, Freiherr von Galantha, Erbgraf zu Forchenstein, Herr auf Csakvar und Gesztes. 350 Literaturfreunde wollten Esterházy gestern Abend in der ausverkauften Stadtbibliothek Bielefeld erleben.

Nicht etwa, weil sein Name so klingt wie der des typischen ungarischen Aristokraten aus einer k.u.k.-Operette, sondern weil Péter Esterházy als Schriftsteller mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet worden ist, weil er Geschichten voller feiner Ironie schreibt, weil er Humor hat, selbst, wenn er eine eher tragische Geschichte erzählt.
Er geht ein wenig schwer - »Eine Hüftoperation« - und der Stress der letzten Wochen ist wohl nicht folgenlos an ihm vorüber gegangen. Er freut sich auf Zuhause, kann aber noch nicht heim nach Budapest. »Da sind noch ein paar Termine,« erzählt er. Er wolle unter anderem in Berlin teilnehmen an einer Sitzung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung: »Da bin ich Mitglied, war aber schon lange nicht mehr dabei.«
Im Sommer habe er einen neuen Roman begonnen, die Arbeit aber unterbrochen, weil er seine Rede für die Friedenspreis-Verleihung habe schreiben müssen. Esterházy spricht perfekt Deutsch, aber er schreibt in seiner Muttersprache Ungarisch. Bevor die Übersetzungen erscheinen, liest er sie. »Vielleicht kann ich helfen,« meint er zurückhaltend. Er möchte, dass es gut wird, möchte, dass seine Leser verstehen, was er ihnen vermitteln will: den Spaß und den Ernst des Lebens. Gestern Abend las er aus seinem Band »Die Hilfsverben des Herzens«, in diesem Jahr erschienen, und aus der »Verbesserten Ausgabe« seiner opulenten Familiengeschichte »Harmonia Caelestis«, international gefeiert. Péter Esterházy führt Literatur und Politik zusammen - stets mit einer gewissen hintergründigen Durchtriebenheit. Er gilt als ein Meister der Doppelbödigkeit. Und er fühlt sich als ein europäischer Schriftsteller. Einer, der überall in Europa gelesen wird. Damit aber nicht unbedingt einer, der über sein Ungarn als Teil der Europäischen Gemeinschaft schreiben will. Jedenfalls noch nicht. Esterházy: »Das ist alles noch zu neu - im Alltag hat sich nichts geändert.«

Artikel vom 28.10.2004