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Frischer Schwung
und Abwechslung

Schiele-Schau im Janssen-Museum

Oldenburg (dpa). Das erst vor vier Jahren gestartete Horst-Janssen-Museum hat Sorgen. Die Besucherzahl von 80 000 im Eröffnungsjahr hat sich bis 2003 auf 40 000 halbiert.

Jetzt soll ein Gemeinschaftsprojekt mit dem Wiener Leopold Museum für frischen Schwung und Abwechslung vom bislang fast reinen Kreisen um Werk und Leben des Namensgebers sorgen. In der Ausstellung »Egon Schiele und Horst Janssen«, die vom kommenden Samstag an bis 20. Februar gezeigt wird, bekommt der Österreicher den ihm gebührenden Vortritt vor seinem nachgeborenen norddeutschen Kollegen.
Der Untertitel »Selbstinszenierung. Eros und Tod« stellt verblüffende inhaltliche Parallelen der von ihren Zeitgenossen als egozentrische Provokateure wahrgenommenen Künstler heraus. Egon Schiele (1890-1918), der Entdecker des Hässlichen und Tragischen beim Aufbruch in den Expressionismus, brachte es in zehn Schaffensjahren auf 100 Selbstporträts. Horst Janssen (1929-1995) zeichnete sich im Verlauf von 50 Jahren fast 2000 mal selbst. Eros und Tod, häufig morbide oder melancholisch miteinander verbunden, sind von beiden oft variierte Themen.
38 Zeichnungen und Aquarelle aus der weltweit größten Schiele- Privatsammlung von Rudolf Leopold korrespondieren in der Ausstellung mit 43 Blättern von Janssen. Dazu kommen Janssens Radierzyklen »Hannos Tod«, »Totentanz« und »Bettina«. Dass Janssen ein Bewunderer Schieles war und sich von ihm inspirieren ließ, verschweigt die Ausstellung nicht. Sogar Schieles Vorliebe für überschlanke Modelle wiederholt sich in Janssens Frauenakten.
Als salomonischen Kunstfreund zitiert der Katalog Schriftsteller Martin Walser, der Schiele und Janssen gleichrangige Plätze im Himmel zuweisen möchte, und zwar »am linken Knie Michelangelos«. In Wien haben im Frühjahr 81 000 Besucher die Ausstellung gesehen. 50 000 werden in Oldenburg erwartet.

Artikel vom 28.10.2004