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Bei Schokolade wird er schwach

Wurfgewaltiger HSG-Linkshänder: Wie aus Dennis Gote »Flacher« wurde

Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). Beim ersten Vorspielen hatte er seinen Spitznamen weg: »Flacher« taufte Michael Boy belustigt den 19-jährigen Gast vom A-Jugend-Oberligisten Handball Lemgo. »Weil ich ziemlich flach geatmet habe. Ich war total platt und kaputt«, grinst Dennis Gote, der bei der HSG Bielefeld mit Johann-David Starck im rechten Rückraum konkurriert. Längst hat sich der bullige 100-kg-Mann (Schuhgröße 47) an die raue Regionalligaluft gewöhnt. Gotes Wurfqualitäten soll am Montag - 18 Uhr, Seidensticker Halle - Aufstiegsaspirant ASV Hamm zu spüren bekommen.

14 Saisontore, so die erste Zwischenbilanz des in Lage wohnenden Schülers. Mit 1,85 Metern ist Dennis Gote ein ganz anderer Spielertyp ist als der schlaksige Hochspringer Starck. »Er ist der Lange, ich mehr der Wühler. Staxx und ich ergänzen uns ganz gut, auch optisch«, witzelt Gote.
Sein Trainer hält große Stücke auf ihn. »Er füllt seinen Part sehr gut aus und zeigt das, was wir uns von ihm erwartet haben«, lobt Heiko Holtmann den Perspektivspieler. »Auf Dennis kann man sich verlassen, vorne wie hinten. Teilweise muss er seine Wurfkraft noch etwas dosierter einsetzen. Aber das ist ein Lernprozess«.
Die Unerfahrenheit ist ein Faktor, der Gote momentan noch zu schaffen macht. »Ich traue mir zu wenig zu. Ein bisschen mehr Courage könnte nicht schaden«, meint er selbstkritisch. »Das wird sich aber legen«.
Erst spät, mit 13 Jahren, entdeckte Dennis Gote seine Leidenschaft für den Handball. Bis dahin frönte er beim SuS Lage dem Fußball. Über die TG Lage und den TuS Müssen-Billinghausen schloss er sich dem Bundesliganachwuchs des TBV Lemgo an, wurde als B-Jugendlicher in die Westfalenauswahl berufen, besuchte Lehrgänge in Kaiserau. Zu diesem Zeitpunkt war Heiko Holtmann bereits auf ihn aufmerksam geworden und behielt ihn seither im Auge. In der westdeutschen Auswahl (Jg. 85) war »Endstation« für Dennis Gote.
Als Manfred Quermann den talentierten Lipper kontaktierte und zum Probetraining einlud, brauchte der nicht großartig zu überlegen. Seine Perspektive beim Oberligisten stufte Gote als »nicht großartig« ein. Zurecht, wie sich im Nachhinein zeigt: »Meine früheren Kollegen bekommen kaum Einsätze im Oberligateam«. Seine Entscheidung, den Sprung in die Ungewissheit der 3. Liga zu wagen, hat der Linkshänder nicht bereut. »Hier entsteht etwas. Die HSG Bielefeld beweist viel Mut, auf junge Leute aus der Region zu setzen. Dieser Weg ist super und für jeden von uns eine Chance. Alles was jetzt kommt, ist Zugabe«. Die Mannschaft sei »total super«, mit dem Trainer »bin ich von Beginn an klargekommen«, die Spielklasse dazu eine echte Herausforderung.
Leider fehle ab und an ein erfahrener Mann, der die Rasselbande an die Hand nimmt. »Wir können uns nur selber schlagen. Und das haben wir zuletzt leider ein paar Mal getan«. Bedauerlich, denn »in dieser Liga gibt es keine Überfliegermannschaft. Die Teams geben sich kaum etwas, jeder kann jeden schlagen«. Gote findet, dass die HSG durchaus das Potenzial für einen Platz im oberen Tabellendrittel besitzt.
Der 19-Jährige besucht das Hanse-Berufskolleg in Lemgo, »baut« dort sein Fachabitur für Wirtschaft und Verwaltung. Im nächsten Jahr steht der Zivildienst an. Gote, der bei der HSG einen Vertrag bis 2006 besitzt, möchte »gerne mal in die Wirtschaft gehen«. Bank- oder Sportfitnesskaufmann, das wären Ressorts, die ihn reizen. So kernig und zielstrebig, wie er sich gibt - eine Tafel Schokolade reicht, um Dennis Gote schwach werden zu lassen. »Es dauert ein paar Minuten, und dann ist sie leer«,schmunzelt er.

Artikel vom 30.10.2004