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Vom Bahngleis
in die Psychiatrie

Gericht verneint Tötungsabsicht

Bielefeld/Halle (uko). Lediglich wegen vorsätzlicher Körperverletzung und wegen Widerstandes hat das Landgericht den 23-jährigen Bielefelder belangt, der angeblich seine Freundin in Halle durch einen Zug töten lassen wollte. Die Richter ordneten gegen Heinz E. die Unterbringung in der Psychiatrie an, setzten die Maßregel jedoch zur Bewährung aus.

Ein versuchtes Tötungsdelikt schlossen gestern alle Prozessbeteiligten vor dem Schwurgericht aus. Das ominöse Geschehen spielte sich am Abend des 24. März auf dem Bahnübergang Mönchsweg des »Haller Willem« in Halle ab: Der epilepsiekranke Bielefelder Heinz E. war gemeinsam mit seiner Freundin in der Wohnung ihrer Mutter zu Gast. Gemeinsam hatte man reichlich Alkohol getrunken. Im Verlauf des Tages war es bereits zum Streit gekommen, so dass man abends übereinkam, die Freundin solle alleine in die gemeinsame Bielefelder Wohnung zurückkehren.
Heinz E. entschied sich später anders und verfolgte seine Lebensgefährtin. In der Nähe des Bahnübergangs kam es erneut zu einer massiven verbalen Auseinandersetzung, während der die Frau dem Bielefelder hässliche Bemerkungen an den Kopf warf (»krepier' doch . . .«). Der Streit mündete in ein Gerangel, Heinz E. warf die Frau zu Boden in das Schotterbett der Gleise.
Die Szene wurde vom Fahrdienstleiter des nahen Haller Bahnhofs bemerkt. Der Bahnbeamte schaltete schnell und gab den herannahenden »Haller Willem«, der schon die Station »Gerry-Weber-Stadion« verlassen hatte, nicht zur Weiterfahrt frei. Überdies kümmerten sich alarmierte Polizeibeamte um das heftigen Widerstand leistende Pärchen.
Ob das Paar gemeinsam aus dem Leben scheiden wollte oder ob es sich nur um einen gegenseitigen tätlichen Streit gehandelt habe, ließ Staatsanwalt Klaus Metzler dahingestellt sein. Ein versuchtes Tötungsdelikt indes scheide aus, sagte der Anklagevertreter im Einklang mit Verteidiger Goerg Schulze und Kammervorsitzender Jutta Albert. Alle Juristen hielten sich allerdings an den Expertenrat der Gutachter, die einerseits weitere Taten durch den Bielefelder nicht ausschließen mochten. Andererseits habe Heinz E. in der bisherigen Unterbringung in der Psychiatrie schon bedeutende Fortschritte gemacht. Schulze hielt seinem Mandanten denn auch unmissverständlich vor: Dass E. seine Medikamente nicht genommen habe, »das ist Ihre Schuld.«
Entsprechend fielen die Bewährungsauflagen des Schwurgerichts hinsichtlich der Unterbringung aus. Heinz E. habe sich freiwillig einer stationären Behandlung zu unterziehen, deren Dauer von den Ärzten bestimmt werde. Er habe sich anschließend in die ambulante Therapie zu begeben, und er habe stets seine Medikamente gegen epileptische Anfälle einzunehmen. - Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

Artikel vom 29.10.2004