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Bielefelder legt
seine Freundin
auf Bahngleise

23-Jährigem droht nun Einweisung

Bielefeld/Halle (uko). Der Bielefelder, der seine Freundin auf die Schienen des Haller Wilhelm gelegt hat, will in die Psychiatrie eingewiesen werden. Der unter Epilepsie leidende Heinz E. (die Namen aller Beteiligten geändert) hat am Dienstag vor dem Schwurgericht des Bielefelder Landgerichts die unfassbare Tat in Halle zugegeben. Dem 23-Jährigen droht nun die Unterbringung.

Der erste Verhandlungstag war vor allem geprägt von der unglaublichen Aussagen des Opfers. Die 19 Jahre junge Sandra Z. wollte mit offensichtlichen Lügen den Beschuldigten reinwaschen.
Am Abend des 24. März war es wie so häufig zum Streit zwischen dem Paar gekommen. Getroffen hatte man sich in der Wohnung der Mutter der jungen Frau in Halle. Dort hatten Heinz E. und Sandra Z. reichlich Alkohol genossen, bevor die Frau dann gegen 21.30 Uhr die Wohnung verlassen hatte. Heinz E. war ihr gefolgt. Nach den weiteren Ermittlungen der Polizei soll der Bielefelder seine Freundin nach einem Fußmarsch plötzlich auf die Schienen der nahen Bahnlinie geschleppt haben. Er habe die Frau auf die Gleise gelegt und sich auf sein Opfer gesetzt.
Heinz E., der seit seiner Kindheit unter Epilepsie leidet, hatgestern die Tat selbst zugegeben, will jedoch an das eigentliche Tatgeschehen keine Erinnerung mehr haben. Er habe ein so genannte Absence gehabt, sein Gedächtnis habe erst wieder auf der Polizeiwache eingesetzt.
Sandra Z. hingegen verblüffte das Schwurgericht mit einer völlig ungeahnten Version ihrer Aussage: »Ich wollte schlafen und habe mich (auf die Schienen, d. Red.) hingelegt«, sagte die 19-Jährige den total konsternierten Richtern. Mehrfach ermahnte Kammervorsitzende Jutta Albert die Zeugin, diesen Unsinn zu lassen und zur Wahrheit zurückzukehren. Der Beschuldigte, so Albert, habe die Tat eingeräumt und wolle sich in einer Klinik behandeln lassen. Sandra Z. zauberte daraufhin eine weitere Aussage aus dem Ärmel: »Ich weiß nicht mehr, was passiert ist.«
Anschließend sollte zudem die schwerstbehinderte 39-jährige Mutter der Zeugin vernommen werden, die indes zu keiner eigenen Aussage mehr fähig war. Die Frau, bestätigte mehr artikulierend als redend ihre frühere Aussage vor der Polizei.
Die Staatsanwaltschaft Bielefeld verfolgt mit einer Antragsschrift die Unterbringung des Beschuldigten in einer geschlossenen Anstalt. Heinz E. habe die Tat in einem Zustand der nicht ausschließbaren Schuldunfähigkeit begangen. Weitere »erhebliche Taten« seien von ihm zu erwarten. Dem Schwurgericht gab der Mann zu, er habe mit der Einnahme seiner Epilepsie-Medikamente »geschlampt«. Danach sei es häufig zu Krampfanfällen gekommen.
Den regelmäßigen Genuss von Alkohol hatte er dagegen verneint. Seine Freundin bestätigte jedoch gestern, Heinz E. habe oft Alkohol - so eben auch am 23. April - getrunken.
Beide hatten sich kennen gelernt, als Heinz E. sich nach der Geburt seines ersten Kindes von seiner Ehefrau getrennt hatte. Die Zeugin, die vor drei Wochen ebenfalls ein gemeinsamen Kind bekam, erklärte gestern: »Ich wollte ihn nicht verlieren, so aber auch nicht weiter leben.« - Der Prozess wird fortgesetzt.

Artikel vom 27.10.2004