27.10.2004 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Zigaretten
nicht mehr in
Automaten

Kinder vor blauem Dunst schützen

Von Wolfgang Schäffer
Bielefeld/Berlin (WB). Das Vorbeugen gegen Drogen fängt beim Kampf gegen den blauen Dunst an. Vor allem für Kinder und Jugendliche muss nach Ansicht von Sucht-Experten der Erwerb von Tabakwaren erschwert werden.

Der Bielefelder Rolf Hüllinghorst, Geschäftsführer der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) in Hamm, vertritt eine radikale Meinung. »Frei zugängliche Zigaretten-Automaten müssen weg. Es gibt keinen Grund, gefährliche Stoffe rund um die Uhr für jedermann bereitzustellen.« Grund für die harschen Worten ist das Wissen darüber, dass diejenigen, die früh anfangen zu rauchen auch zu den Risikogruppen mit Alkohol- oder Cannabis-Missbrauch zählen.
18 bis 20 Prozent des gesamten Zigaretten-Verkaufs in der Bundesrepublik Deutschland entfallen auf die die knapp 820 000 Automaten, sagt Hüllinghorst. »Die Blechkästen sind gleichbedeutend mit einer Lizenz zum Gelddrucken.« Die aus Gründen des Jugendschutzes eingerichteten Sperrzonen für Zigaretten-Automaten von 150 Metern rund um Schulen bezeichnet Hüllinghorst als absolut lächerlich.
Auch die spätestens bis Anfang 2007 umzusetzende Umrüstung der Geräte auf Chipkarten- statt Eurobetrieb beurteilt er unter dem Präventionsgedanken eher skeptisch. »Wer solch eine Chipkarte haben will, muss zwar älter als 16 sein. Doch das ist nicht wirklich ein Hindernis.«
Der DHS-Chef hofft, dass sich der heute in Berlin erstmals überhaupt tagende Drogen- und Suchrat möglichst bald auf wichtige Vorbeugungsmaßnahmen verständigt. Das 14-köpfige Gremium setzt sich aus Vertretern der Bundesregierung, der Bundesländer, des Städtetages, der Forschung und der Fachverbände zusammen. Hüllinghorst, ebenfalls Mitglied in diesem Rat, ist zuversichtlich, dass die personelle Mischung dafür sorgen könnte, dass wir »politisches Gehör finden«.
Der Bielefelder jedenfalls wird auch in diesem Gremium deutlich machen, dass der volkswirtschaftliche Schaden in Höhe von 17 Milliarden Euro, den der blaue Dunst Jahr für Jahr verursacht, deutlich höher ist als die Steuereinnahmen von 13 bis 14 Milliarden Euro. »Diese Rechnung unterstreicht klar, dass wir viel tun müssen, um auf die Gefahren des Rauches aufmerksam zu machen.«
Suchtexperte Hüllinghorst spricht sich aus diesem Grund auch ohne Wenn und Aber für rauchfreie Schulen aus, wie sie in einigen Bundesländern (Niedersachsen, Hamburg und Bayern) zumindest politisch bereits auf den Weg gebracht wurden. Der Weg zu Schulen ohne blauen Dunst und die entsprechenden Regeln dazu könne aber nur von Lehrern und Schülern gemeinsam beschlossen werden, um schließlich erfolgreich zu sein. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 27.10.2004