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Nicht nur Knollen im Keller

Landwirtschaft: Gute Kartoffelernte lässt die Preise purzeln

Von Michael Delker
Gütersloh-Kattenstroth (WB). Wenn im Hause Kollmeyer in Kattenstroth das Mittagessen serviert wird, dann gehören Kartoffeln wie selbstverständlich dazu. Das ist nicht überall so. »Es gibt viele Single-Haushalte«, sagt Landwirt Heiner Kollmeyer, »da wird oft auf regelmäßige Mahlzeiten verzichten.« Am Angebot kann es nicht liegen. Die rund 25 Kartoffelbauern im Stadtgebiet fuhren in diesem Herbst eine außerordentlich gute Ernte ein.

Für die Landwirte hätte alles so schön sein können: Um satte 12,8 Prozent fällt der Ertrag in diesem Herbst höher aus als im Hitzejahr 2003. Das hat das Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik ermittelt. Das Problem: Nicht nur die Knollen liegen im Keller - auch der Preis ist dort.
»Ein höherer Hektar-Ertrag führt zwangsläufig zu einem Preisverfall«, erklärt Kollmeyer. Die Großhändler tragen ihren Teil dazu bei. Wegen des großen Angebotes zahlen sie den Landwirten Dumping-Preise. Heiner Kollmeyers Antwort darauf ist die Direktvermarktung. Bei ihm kommen die Leute auf seinen Hof an der Buxelstraße, um sich mit den Knollen einzudecken.
Um die Kartoffeln im Winter einlagern zu können, hat Kollmeyer Kühlräume geschaffen. Die Erdäpfel sind nämlich nicht nur schmackhaft, sie sind auch sehr empfindlich. Frost mögen sie genauso wenig wie Hitze und Licht. »Ideal sind Temperaturen von vier bis sechs Grad«, sagt der Kattenstrother Landwirt. Das ist mit ein Grund dafür, dass es das klassische Einkellern der Knollen in vielen Familien kaum noch gibt. »Die Keller sind heutzutage besser isoliert und zu warm für die Kartoffeln«, berichtet Kollmeyer. Geholt werden deshalb kleine Mengen vom Hof, Markt oder Supermarkt.
Auf die Nachfrage hat sich das veränderte Konsumverhalten der Deutschen nachhaltig ausgewirkt. Wie die Zentrale Markt- und Preisberichtsstelle für Erzeugnisse der Landwirtschaft (ZMP) herausgefunden hat, kaufen die Deutschen immer seltener Frischkartoffeln. In den 50er Jahren verzehrte jeder Bundesbürger im Schnitt 155 Kilo im Jahr. Inzwischen hat sich der Pro-Kopf-Verbrauch auf 67 Kilo (Stand 2003) eingependelt. An Bedeutung gewinnen hingegen Kartoffelprodukte wie Pommes Frites, Kroketten, Chips und Klöße. Sie machen mittlerweile 50 Prozent des Kartoffelkonsums aus.
Mit Argusaugen schauen die Landwirte auf die Schnäppchenangebote der Discounter. »Zehn Kilogramm für 99 Cent. Auf dieses Niveau begeben wir uns nicht. Vielmehr versuchen wir als Direktvermarkter, die Preise stabil zu halten und eine vernünftige Qualität zu bieten. Man muss nicht auf jedes Dumping-Angebot reagieren«, meint Heiner Kollmeyer.

Artikel vom 27.10.2004