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Fortuna küsst und ist fort

Wahrsagerin Frau Luma seit 30 Jahren bei Herbstkirmes

Von Matthias Meyer zur Heyde und Carsten Borgmeier (Foto)
Bielefeld (WB). »Sein Schicksal schafft sich selbst der Mann!«, hieß es früher. Wem das zu anstrengend ist, der geht zur Wahrsagerin. Zu Frau Luma, die seit 30 Jahren den Besuchern der Herbstkirmes an der Radrennbahn die Karten legt.

Heute schlägt das Schicksal aber noch nicht zu, heute lächelt uns Fortuna zu, denn heute ist Familientag, und da dürfen sich (von 14 bis 22 Uhr) alle Kirmesfreunde auf ermäßigte Preise freuen. Wie wird das Wetter? Frau Luma winkt ab - dafür ist sie nicht zuständig. Und welches Los gewinnt den größten Teddybären? Auch da bleiben die französischen Tarot-Karten stumm und die Kristallkugel dunkel.
Wer am Eingang zum Kirmesgelände in Frau Lumas Wohnwagen geschaut hat, wird frohen Mutes weiterschlendern, denn: »Bei mir sollen die Leute zufrieden hinausgehen.« Nach der Lektüre einer vielversprechenden Hand, nach einem sinnenden Blick in das 36-teilige Blatt ist klar: »Der Weg ist frei, der nächste Plan im Leben gelingt.« Oder auch nicht, »aber da muss ich dann sehr behutsam formulieren, damit ich den Kunden nicht verschrecke.«
Eine Horde Halbstarker mochte den seherischen Gaben der Frau Luma einst nicht trauen, man sammelte (Handlesen 11 Euro, Kartenlegen 25, Auskunft über andere Personen 10, über Kinder 5 Euro), ein Bursche wagte sich zu ihr, und »als ich fertig war, rief er seinen Kumpanen zu: Lasst uns hier verschwinden, die Frau weiß alles!« Wenn die von Frau Luma erzählte Geschichte nicht wahr ist, so ist sie sehr gut erfunden.
Einen Beschwerdebrief enttäuschter Kunden habe der Postbote noch nie gebracht, toi, toi, toi, Dankesschreiben dagegen in unübersehbarer Zahl. Wir möchten auch hoffen, dass dies so bleibt, lesen allerdings bei Heine, das Glück sei eine leichte Dirne (na, na!) und weile nicht lange am selben Ort. »Sie streicht das Haar dir aus der Stirne und küsst dich rasch und flattert fort.«

Artikel vom 27.10.2004