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Glücklich über Perlen
und eine Chanel-Tasche

Bielefelderin ersteigert Teile aus Inge Meysels Nachlass

Von Matthias Meyer zur Heyde und Carsten Borgmeier (Foto)
Bielefeld-Senne (WB). Inge Meysel besaß Geschmack und erkannte Qualität auf einen Blick. Genau wie Elke Struck: Die Inhaberin eines Senner Kosmetikstudios hat einen Teil des Nachlasses der beliebten Schauspielerin ersteigert.

»Ich bin überglücklich!« Elke Struck, die die im Juli verstorbene Aktrice verehrt, hat in einem Patrizierhaus am Elbstrand um zahlreiche Stücke geboten - mit Erfolg. Für nicht einmal 1000 Euro nennt sie jetzt extravagante Hüte, eine echte (Straußen-)Federboa, Modeschmuck von Dior, eine Schatulle aus der piekfeinen Londoner Regent Street und vieles mehr ihr Eigen. »Allein schon das entzückende Chanel-Täschchen und zwei echte Perlenohrringe waren die Aufregung wert.«
Erst als die 48-Jährige einen Schaukelstuhl ins Visier nimmt, legt ihr Ehemann Wolfgang Veto ein: »Wie sollen wir den nach Hause transportieren?« Männer denken so furchtbar profan. Anders Frauen: »Die Gegenstände möchte ich bei meinen Stilberatungsseminaren einsetzen«, sagt die Kosmetikerin und Visagistin, Farbstil- und Imageberaterin sowie Kommunikationstrainerin.
Da mag einem Klienten zum Mann von Welt noch die Frackuhr fehlen - Elke Struck kann sie ihm jetzt zeigen. Eine damenhafte Kundin weiß nichts von kalten und warmen Farben - im freundlichen Studio an der Windelsbleicher Straße 229 darf sie fortan einen grünen (warm), einen silbrigen (kalt) und einen mit Vogelfedern geschmückten roten Hut (Grenzfall) aufsetzen. Oder die blaue Boa aus echten Straußenfedern um die Schultern werfen.
Besaß Inge Meysel etwas, das man niemandem empfehlen kann? Elke Struck sucht zwei tonnenschwere Ohrclips heraus: »Die haben, damit sie überhaupt halten, eine doppelte Schließe - herrlich skurril!« Also hat die Schauspielerin danebengegriffen? »Nein, wo denken Sie hin! Als Künstlerin durfte sie alles tragen; auffallende Mode und tolle Accessoires waren schließlich ihr Markenzeichen.«
Elke Struck hatte im September von der Auktion erfahren. Nur einen Tag später war sie im Besitz des Katalogs (»so dass ich meine Strategie planen konnte«) sowie zweier Eintrittskarten.
Anfängerfehler: Übereifrig bietet jemand beim ersten Stück mit - und hat dann kein Geld für weitere Erwerbungen. Oder: »Eine Dame zupfte sich am Haar und rief, als sie den Zuschlag erhielt, entsetzt, sie habe gar nicht geboten«, erzählt Elke Struck amüsiert. Ihr selber würde das nie passieren: Auktionen sind ihr Hobby. Als ein Mitarbeiter des Hamburger Hauses anrief und ihr mitteilte, in drei Stunden werde die Auktion sicherlich gelaufen sein, »hab ich ihm geantwortet: ÝLieber Junge, rechne mal mit dem Doppelten.Ü«
So war's: »Sechs Stunden hab ich da gesessen, ohne Pause, denn nur so gelingt auch mal ein Schnäppchen.« Offensichtlich: Beim kolorierten Stahlstich aus dem Jahr 1851 schlief der Saal, nur Elke Struck nicht, der Hammer fiel, zehn Euro, Jubel.
Nicht alles, was ihr gefiel, hat sie ersteigern können. »Aber den Künstlertaler aus 925er Silber, den Inge Meysel einst vom Berliner Künstlerclub bekam, werde ich als Glücksbringer in meinem Kosmetikstudio aufbewahren.«

Artikel vom 26.10.2004