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»Naturstein setzt Patina an«

BDA schaltet sich jetzt in die Diskussion um das Altstadt-Pflaster ein

Von Burgit Hörttrich und
Carsten Borgmeier (Foto)
Bielefeld (WB). Der Bund Deutscher Architekten (BDA) schaltet sich jetzt in die Diskussion um die Altstadtpflasterung ein. »Wir wollen zur Versachlichung beitragen,« sagt BDA-Vorsitzender Heinrich Martin Bruns. Bruns plädiert wie die beiden BDA-Mitglieder Reinhard Drees (Stadtplaner) und Prof. Klaus Köpke (BDA-Arbeitsgruppe Altstadtpflaster) für einen Belag aus Naturstein.

Bruns: »Naturstein altert, setzt Patina an, Betonstein wird schmutzig.« Den Rathausplatz nennt Köpke, Architekt unter anderem der Universität und des Jahnplatz, als »abschreckendes Beispiel«: »Die Bänder aus Kunststein, die dort verlegt worden sind, wirken grau und stumpf.« Ein gelblich-warmer Ton für das Pflaster, wie es in der Altstadt gewünscht sei, wäre seiner Überzeugung nach »noch dreckanfälliger«. Heinrich Martin Bruns (»Amerikahaus«, IHK-Erweiterung) spricht von einer »Jahrhundertentscheidung«, die nicht geeignet sei für ein »politisches Ränkespiel«.
Dass Natursteinpflaster - favorisiert wird Granit aus China - laut Ausschreibung die Altstadtsanierung um bis zu 800 000 Euro teurer machen würde als geplant halten die Architekten für vermeidbar. Ihr Vorschlag: »Reduktion einiger kostentreibender und nicht wirklich notwendiger Standards«. So könne die Dicke der Steine von 15 auf zwölf Zentimeter reduziert werden. Köpke: »Für Sandstein wären 15 Zentimeter angemessen, bei Granit reichen zwölf.« Zudem könne man die zu pflasternde Fläche reduzieren (jetzt geplant: 15 000 Quadratmeter, allerdings bereits ohne Bunnemann- und Jodokus-Kirchplatz). Gespart werden könne an Bänken, Spielgeräten, der Ausführung der Beleuchtung. Bruns: »Das kann man später nachrüsten - Pflaster nicht.« Für die Architekten gehört der Bodenbelag zu prägenden Bild einer Altstadt: ». . .ebenso wie die Fassaden.« Drees weist darauf hin, dass sich der Unterschied zwischen Natur- und Kunststeinpflaster »erst nach Jahren zeigen« werde; dann werde sich aber erweisen, dass Naturstein »eine unendliche Lebensdauer« habe, während der Betonstein spätestens in zehn Jahren »schmuddelig und verbraucht« aussehe. Nach Bruns' Ansicht würde ein Ziegelstein-Pflaster nicht in die Altstadt passen: »Das wäre ein falsches Material.« Die BDA-Vertreter schlagen vor, Musterflächen nicht auf einem Bauhof, sondern unmittelbar in der Altstadt auszulegen, um einen authentischen Eindruck zu ermöglichen.
Bruns, der vor zweieinhalb Jahren zur Jury im Wettbewerb zur Neugestaltung der Altstadt gehört hat, erinnert daran, dass damals ein Entwurf, in dem ein Kunststein als Pflastermaterial vorgeschlagen worden sei, »in Grund und Boden verdammt wurde«. Die drei BDA-Mitglieder kritisieren, dass der fachkundige Beirat für Stadtgestaltung nie zu Beratungen des Lenkungsausschusses Altstadtsanierung hinzu gezogen worden sei.
Der Lenkungsausschuss tritt am 26. Oktober erneut zusammen - um einen Kunststein in Granit-Optik in Augenschein zu nehmen.
Die Verwaltung hat den Auftrag, im Rahmen einer neuen Ausschreibung Angebote sowohl für Natur- wie für Kunststein einzuholen. Inzwischen drängt die Zeit: Der Auftrag soll spätestens Ende Dezember vergeben werden. Baubeginn soll dann Anfang April 2005, Fertigstellung Ende November 2005 sein. Gesamtkosten: 3,8 Millionen Euro.

Artikel vom 23.10.2004