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Von Stephan Rechlin

Gütersloher
Wochenschauer

Gaspedal und Zapfhahn


Die Rede ist von einem Ölpreis-Schock. Der Liter Super kostet 1,23 Euro, oft auch mehr, die gleiche Menge Diesel hat die magische Grenze von einem Euro durchbrochen. Doch allzu geschockt scheinen die meisten Autofahrer nicht zu sein. Zumindest nicht im Kreis Gütersloh. Es sei denn, der Schockzustand drückt sich bei ihnen in einem anhaltenden Bleifuß aus. Zwar stützt keine brandneue, repräsentative Studie diesen Befund. Aber alltägliche Beobachtungen im Pendlerverkehr nach und von Gütersloh sprechen nicht dafür, dass steigende Spritpreise die Autofahrer sonderlich beeindruckten.
Und gemessen an dem, was sich wochentags am Morgen und am Nachmittag etwa auf der A 2 abspielt, hat ein gut Teil der Autofahrer viel Benzin im Tank und kann eine Menge. Vor allem eines: Gas geben. Tempo 100 nehmen in der Regel bestenfalls Lastwagenfahrer zum Maß aller Dinge. Wer in der Limousine etwa mit extrem sprit- und geldsparenden 90 Kilometern pro Stunde vor sich hin trödelt, wird von ihnen weggehupt. So nebenbei: Völlig aus der Mode ist gerade im Pendlerverkehr auch der Sicherheitsabstand gekommen. Bei Tempo 140 rund 70 Meter zum Vordermann lassen? Nicht doch, immerhin passen locker drei Wagen in die Lücke.
Es wird noch viele Wochen Zeit bleiben, um sich die Annahme bestätigen zu lassen, dass hohe Spritpreise nicht dazu führen, das Gaspedal zu schonen. Denn die Rohölpreise sind gerade auf neue Hochs geklettert. Aber vielleicht hängt genau damit die verbreitete sehr flotte bis aggressive Fahrweise zusammen: Machen hohe Spritpreise nicht vielmehr wütend statt geschockt? So wütend, dass der aufgestaute Unmut direkt über den rechten Fuß fließt? Wir freuen uns auf eine Studie, die diese Fragen klärt.

Artikel vom 23.10.2004