Täter und Pächter verpassten sich nur um Haaresbreite
Von Jens Heinze Bielefeld (WB). Reinhard Clausmeyer (59) ist seit 15 Jahren im Tankstellengeschäft. Inzwischen betreibt der Pächter die am meisten überfallene Station in Bielefeld. Seine Aral-Tankstelle an der Herforder Straße 432 in Baumheide, hat der 59-Jährige nachgerechnet, wurde in der Nacht zu Donnerstag zum 16. Mal ausgeraubt.
Was sich Mittwochabend um 21 Uhr abspielt, liest sich wie das Drehbuch zu einem schlechten Krimi. Pächter Clausmeyer beendet zu dieser Zeit seinen Arbeitstag, verlässt den Verkaufsraum und wendet sich seinem Auto zu. Nur zwei Sekunden später stürmt hinter seinem Rücken der maskierte Täter durch die noch offen stehende automatische Schiebetür, lädt seine Waffe durch und erpresst von Kassiererin Neda O. (23) eine Beute von 1230 Euro. Ein Kunde, der gerade Getränke aus dem Kühlregal geholt hat, muss sich vor den Revolvermann auf den Boden legen. Nach einer Minute ist der Spuk vorbei - der knapp 1,80 Meter große Kriminelle flüchtet, vermutlich durch einen Baumheider Grünzug in Richtung Rabenhof, mit den Tageseinnahmen in einer schwarzen Plastiktüte in das Dunkel der Nacht. Clausmeyer versucht noch, während er mit dem Mobiltelefon am Ohr die Polizei alarmiert, im Auto den Räuber auf der Herforder Straße zu verfolgen. Doch der ist verschwunden. Was dem mit russischem Akzent sprechendem Täter passiert wäre, hätte ihn der Pächter in der Nacht zu Donnerstag erwischt, daran lässt der rustikale Zwei-Zentner-Mann gar keinen Zweifel: »Ich hätte den Burschen an den Haaren in die Tankstelle zurück geschleift und ihn der ersten Streifenwagenbesatzung übergeben.« Am liebsten, bekennt der 59-Jährige ganz offen, würde er nach dem mittlerweile 16. Überfall auf seine im Jahr 1992 übernommene Station an der Herforder Straße 432 »ein Fangnetz unter der Decke über der Kasse« installieren lassen. Die Taten kosten Reinhard Clausmeyer nicht nur seine Einnahmen. Es werde, so sagt der Pächter, trotz aufwändiger Investitionen in Sicherheitstechnik immer schwieriger, Personal zu finden. »Gerade erst hat eine Kassiererin aus Angst vor der Nachtschicht gekündigt. Eine andere Angestellte ist in ärztlicher Behandlung, weil sie nach wie vor unter den Folgen eines zurückliegenden Überfalls leidet.« 2003 ist Clausmeyers Station drei Mal ausgeraubt worden, dieses Jahr bislang zwei Mal.
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