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Von der Wäschefabrik zum Zeitungsverlag

Spannende Recherche des Ehepaar Kellers - Pförtner löst »Rätsel« um den Firmenstandort


Bielefeld/Herford (WB/mzh). Unsere kurze Geschichte beginnt im thüringischen Themar, wo 1927 Heinz Keller geboren wurde und mit dem gleichaltrigen Joachim Heiderich zur Schule ging. 1953 kam Keller nach Herford, aber der Kontakt in die Heimat riss nicht ab. Bei seinem letzten Besuch drückte ihm Heiderich ein paar alte Schriften in die Hand, einen »Vorrats-Catalog 1914« und zwei Stoffmustersammlungen (»Lager-Garnituren«), eine davon aus dem Jahr 1910.
Die Hefte, dazu etliche Preislisten, stammten aus der Bielefelder Wäschefabrik Kayser, die einst das 1906 von Heiderichs Vater Georg gegründete Konfektionsgeschäft Heiderich in Themar beliefert hatte. Der Vater starb in sowjetischer Haft, das Geschäft schloss 1945, aber die Heiderichs versteckten allerlei Material vor den Rotarmisten - unter anderem ein bis heute nie getragenes, sozusagen fabrikneues Oberhemd der Marke Kayser.
»Schau doch mal, ob du von Herford aus etwas Wissenswertes über die Firma in Erfahrung bringen kannst«, bat Heiderich seinen Schulfreund Keller. Eine kleine Odyssee begann, denn in Bielefeld schien niemand zu wissen, wo die Wäschefabrik Kayser einst produziert hatte. Überall Fehlanzeige. »Sogar bei der Industrie- und Handelskammer war man ahnungslos«, wundert sich Heinz Keller.
Da hatte seine Ehefrau Anna die Idee schlechthin: »Frag doch mal das WESTFALEN-BLATT!« Gesagt, getan. Das Ehepaar fuhr nach Bielefeld zur Sudbrackstraße 14-18 und hielt WB-Pförtner Hans Biendarra ein 90 Jahre altes Schreiben unter die Nase, das im Briefkopf ein Bild der Kayserschen Fabrik zeigt. »Wo könnte das Gebäude gestanden haben?« Da lachte Biendarra und erwiderte: »Drehen Sie sich doch bitte mal um!«
Das taten die Kellers. Tja, und da stand das lange gesuchte Haus.
Seit den frühen siebziger Jahren beherbergt das Gebäude nämlich Geschäftsführung, Redaktion und Technik des WESTFALEN-BLATTES.
Der Verlag hatte bereits nach dem Krieg an der Schwartzkopfstraße/Ecke Sudbrackstraße angefangen (dort steht längst die mächtige Rotation) und mit den Jahren kräftig expandiert, während bei Kayser das Surren der Nähmaschinen immer leiser wurde, bis die Hallen schließlich leer standen. Und diese Chance ließ sich Verlagsgründer Carl Wilhelm Busse natürlich nicht entgehen.

Artikel vom 22.10.2004