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Dahinter stecken viele kluge Köpfe

Die regionale Wirtschaft in Ostwestfalen-Lippe wird von Familienunternehmern geprägt


Von Bernhard Hertlein
Wenn etwas in Ostwestfalen-Lippe Hand und Fuß hat, dann steckt dahinter stets mindestens ein kluger Kopf. Kein Computer und erst recht keine Maschine ist so kreativ und originell, wie es das menschliche Gehirn sein kann.

Klar, um gute Ideen umzusetzen braucht es noch mehr. Hände beispielsweise, die zulangen. Oder die etwas geschickt zusammenfügen. Und Kapital, um Rohstoffe einzukaufen sowie Maschinen, die den Menschen immer mehr von der Handarbeit abnehmen. Marketing, ebenfalls unentbehrlich, ist dann in erster Linie schon wieder Kopf-»Arbeit«.

Das Erstaunliche: Kluge Köpfe denken nicht gern allein. Sie brauchen die Herausforderung und den Ansporn, sich mit Ihresgleichen messen zu können. Sie suchen den Kontakt zu Mitdenkern, Vordenkern und Querdenkern. Deshalb gibt es Regionen, in denen besonders viele kluge Köpfe zu Hause sind. Und die Gesellschaft tut gut daran, dies durch Bildung, Erziehung und das Zurverfügungstellen von Forschungseinrichtungen zu fördern.

Man nennt es »Cluster«, wenn sich besonders viele kreative Köpfe einer Branche auf relativ kleiner Fläche zusammenfinden. In Ostwestfalen-Lippe gilt dies für die Möbel- und besonders für die Küchenindustrie. Noch wichtiger ist vielleicht der Maschinenbau. Die Elektrotechnik und die Informationstechnologie. Vielleicht auch die Gesundheitswirtschaft und die Ernährungsindustrie. Künftig hinzu kommen sollen nach dem Willen einiger Wirtschaftsstrategen in der Region auch die Bio- und die Nanotechnologie.

Ostwestfalen-Lippe ist froh um die vielen klugen und kreativen Köpfe -Êbesonders weil viele von diesen auch noch unternehmerisch begabt sind. Der Anteil der Firmen, die vom kleinen Handwerksbetrieb bis zum Großkonzern von einer Person oder einer Familie geprägt werden, ist in OWL größer als in fast allen anderen Teilen Deutschlands mit Ausnahme einiger Gebiete im Süden und Südwesten. Das ist nicht nur für die Wirtschaft gut. Da macht es auch mehr Spaß, zu arbeiten und zu leben.

Dies ist nicht nur so dahin geschrieben, sondern inzwischen sogar wissenschaftlich nachgewiesen. Das Mittelstandsinstitut in Hannover hat in einer Studie über die »Humanwerte der Betriebstypen« untersucht, in welcher Struktur - von Personen geführtes Unternehmen, Kapitalgesellschaft oder Staatsbetrieb beziehungsweise -verwaltung - sich Mitarbeiter am wohlsten fühlen. Ergebnis: Mittelständische Personalunternehmen werden von der ÊBelegschaft stärker als »Interessengemeinschaft von Unternehmensführung und Mitarbeitern« gesehen. Beschäftigte in diesen Unternehmen sind sehr viel leichter zu motivieren. Dies gilt vor allem dann, wenn die Eigentümer Vorbild sind und mitarbeiten. Nur wenn Unternehmer den alten Stil Befehl-Gehorsam nicht ablegen konnten, geht dieser Vorteil nach Ansicht der Wissenschaftler wieder verloren.

Wenn der Chef der Deutschen Bank vor die Presse tritt und großen Personalabbau ankündigt, obwohl das Institut gerade Rekordgewinne erzielt, dann kann er sogar auf Beifall bei den Börsianern hoffen. Wenn ein Familienunternehmen Mitarbeiter nach Hause schickt, dann klatscht keiner. Im Gegenteil: Wenn die Entlassungen als ungerecht empfunden werden, leidet darunter nicht nur der Ruf des Unternehmens, sondern auch der Familie. Auch deshalb halten Mittelständler möglichst lange an ihrer Belegschaft fest. Kluge, kühl denkende Köpfe handeln auch sozial. Das machen sie sogar schon aus Eigeninteresse.

Artikel vom 28.09.2006