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Erbsenzählerei und Gitarrenspiel in Kneipen

Die Jobs der Professoren (4): Prof. Dr. Dafydd Gibbon von der Fakultät für Linguistik


Bielefeld (sas). Während des laufenden Semesters, erzählt Dafydd Gibbon, habe er nicht jobben müssen - dank eines Stipendiums. Während der Semesterferien allerdings musste auch der heutige Professor für Anglistik und Linguistik an der Universität Bielefeld 'ran.
Studiert hat er in den 60er und 70er Jahren am King's College in London, an der Universität Erlangen und der Universität Göttingen. »In England habe ich bei einer Firma für Tiefkühlkost gearbeitet - hauptsächlich in der Qualitätskontrolle für Erbsen.« Überprüft werden mussten die Temperatur, das Gewicht und ob die Erbsen richtig blanchiert waren. Mit einem geringen Rabatt konnte Gibbon auch dort einkaufen - »aber wer will schon immer tiefgefrorene Erbsen oder Möhren essen?« fragt er.
Während der Studienzeit in Erlangen hatte Gibbon eine Stelle in der Porzellanfabrik Schönwald in Oberfranken. »Ich habe große Teller gegossen«, erzählt er. Herausfordernd sei die Tätigkeit nicht gewesen, aber er verdiente einigermaßen. »Es reichte, man hatte ja damals kein Auto.« Deswegen sei auch sein Urlaub stets einigermaßen preiswert gewesen: »Ich bin durch ganz Europa getrampt. Damals wurde man noch problemlos mitgenommen, zuweilen sogar zum Mittagessen eingeladen. Ab und zu konnte ich sogar bei den Leuten Zuhause übernachten. Das wäre heute nicht mehr denkbar.«
Weil Dafydd Gibbon diverse Musikinstrumente spielt und vor allem ein guter Gitarrist ist - »in den 60er Jahren war das in« - ist er auch in Folklore-Clubs auf der Insel oder in Deutschland aufgetreten. Blues, Country, englische und irische Folklore hat er gespielt und spielt er heute noch. »Der Lohn war im Wesentlichen Freibier.« Das Markanteste, das er sich von seinem Ferien-Verdienst gekauft habe, erinnert er sich, sei eine Gitarre gewesen: »Ich habe alle Ersparnisse zusammengelegt, bin nach Spanien getrampt und habe mir in Barcelona eine ziemlich gute Gitarre gekauft«, sagt er mit britischem Understatement. Denn diese ziemlich gute Gitarre kam aus einer der beiden führenden Werkstätten der iberischen Halbinsel - was Gibbon damals aber noch nicht wusste.
Seine Deutschkenntnisse haben dem studierten Anglisten, Germanisten, Romanisten, Sprachwissenschaftler, Philosophen und Theologen auch einen Job als Reiseleiter beschert: »Ich habe für englische Kirchengruppen Fahrten nach Deutschland und Österreich organisiert und geleitet.« Zu seinen Aufgaben gehörte es auch, zu übersetzen - zuweilen auch im Gottesdienst, den die englischen Geistlichen in befreundeten deutschen Gemeinden hielten. Mit Schmunzeln erinnert sich Gibbon, der seit 21 Jahre an der Universität Bielefeld lehrt, an einen schottischen Pfarrer, den er ausdrücklich von hinten treten und knuffen sollte, wenn er für den jungen Dolmetscher zu schnell und zu lange redete. Der Lohn der Arbeit: Freie Kost und Logis auf Reisen.

Artikel vom 17.12.2004