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Mit dem Wäscherei-Lieferwagen auf Tour

Die Jobs der Professoren (Folge 3): Dr. Wolfgang Hartje - Sägewerk und Baumschule


Bielefeld (sas). Ferienzeit - das war auch für die Professoren von heute in ihrer Studienzeit die Gelegenheit, die Kasse aufzubessern. Einer von denen, die regelmäßig gejobbt haben, ist Prof. Dr. Wolfgang Hartje. Der 62-Jährige lehrt seit 1992 an der Universität Bielefeld Klinische Psychologie und Neuropsychologie.
»Während des laufenden Semesters habe ich nicht gejobbt, aber regelmäßig während der Ferien«, sagt er. Mehrmals hat der Psychologe, der in Freiburg studierte, in einem Sägewerk gearbeitet. »Wir mussten die Bäume schälen und sie in einer Maschine mit einem Riesenhobel zu Furnierscheiben verarbeiten«, erzählt Hartje. Den Umgang mit den verschiedenen Holzarten gelernt zu haben, findet er nicht schlecht. »Aber insgesamt war die Arbeit monoton, man machte immer dieselben Bewegungen.« Eine Abwechslung war es da, auch mal im Lager Kunden zu beraten.
Ein »Dilettanten-Wissen« über verschiedene Pflanzen hat Wolfgang Hartje bei der Arbeit in einer Baumschule erworben: Pflanzen, umgraben, begießen - und auch zuweilen die Kunden beraten. »Das war aber eigentlich ein Nebenbei-Job. Der Besitzer der Baumschule war nämlich mein Vermieter.«
Am meisten Spaß hat dem Professor gemacht, den Lieferwagen einer größeren Wäscherei zu fahren, morgens Bett- und Tischwäsche bei Hotels abzuholen und sie abends wieder auszuliefern, zudem die Privatkunden zu bedienen. »Die Küchenwäsche roch zwar manchmal unangenehm, weil damit auch Fleisch abgetupft wurde, aber ich war selbstständig und konnte vor allem Autofahren. Ich bin nämlich noch heute ein leidenschaftlicher Autofahrer.«
Dazu hatte er auch Gelegenheit, wenn er für die deutsche Paketpost mit einem »Dreirad« Päckchen und Pakete zustellte. »Ich bin aber ziemlich hoch gewachsen und die Vehikel waren klein, ich musste mich ständig ducken.« Rasante Fahrten erlaubten die Dreiräder ohnehin nicht. Und dann fällt dem Psychologieprofessor noch ein Job auf Abruf ein: Das Abladen von Waggons auf dem Güterbahnhof.
Das verdiente Geld, erzählt er, ging zu einem Gutteil für Extras drauf: »Eine kleine Urlaubsreise, Kinobesuche oder mal richtig Essengehen.« Denn die Mensagerichte, schmunzelt er, seien in den frühen 60er Jahren in Freiburg recht bescheiden gewesen.

Artikel vom 03.12.2004