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Fußgängerzone
hartes Pflaster
für Rolli-Fahrer

Stufen vor Geschäften unvermeidbar

Von Gerhard Gläsker
Bünde (BZ). »Das ist ein Aberwitz, was hier in der Eschstraße gebaut wird.« So reagiert der Bünder Joachim Bernard auf den bereits fertiggestellten Teil der Fußgängerzone. Vor allem meinte er mit seiner Kritik die Stufen vor den Geschäften »New Yorker«, O2, Heinen und Zeemann. Dort sind überall Hinweisschilder »Vorsicht Stufe« aufgestellt.

Der Service-Techniker, dessen Ehefrau Annette im Wittekindshof tagtäglich mit Behinderten zu tun hat, denkt insbesondere an diese Menschengruppe und auch an Frauen mit Kinderwagen, die diese kaum Geschäfte aufsuchen können, zumindest jedoch nur sehr beschwerlich.
»Bünde will eine familienfreundliche Stadt sein. Dann können diese Stufen vor den Geschäften nicht bleiben«, sagt Bernard und verweist auf die Stadt Minden, wo die Neugestaltung der Innenstadt nach seiner Meinung »hervorragend« gelöst ist. Dort würden Stufen intelligent das Gefälle ausgleichen.
»Bei uns stolpern die Kunden ins Geschäft. Deshalb weisen wir mit Sichtbändern auf die Stufe hin«, schildert »New Yorker«-Filialleiterin Sabire Karaton die Situation. Dort und beim Reisebüro Sieker sollen im öffentlichen Bereich noch je eine Stufe angelegt werden, entgegnet der städtische Dezernent Heinz Brockmeier. Die Stufen vor den anderen Geschäften würden so bestehen bleiben.
Carsten Päs, Pächter des Geschäftes Heinen, akzeptiert die Stufe vor seinem Laden. »Diese Lösung ist besser als ein Podest, obwohl jede Stufe geschäftsschädigend für den Einzelhandel ist. Ich nehme das hier jetzt zähneknirschend hin - wohl wissend, dass Rollstuhlfahrer oder Mütter mit Kinderwagen kaum oder gar nicht mehr mein Geschäft aufsuchen«,übt der Geschäftsinhaber Kritik. Wenn bei der Eröffnung vor neun Jahren eine Stufe vor dem Geschäft gewesen wäre, hätte er von einem Einzug Abstand genommen, betont Päs.
Deutlich die Reaktion von Hanife Janina Osmani, Filialleiterin des Geschäftes Zeemann: »Die Stufe ist ganz einfach schrecklich. Zudem verzeichnen wir Umsatzverluste, weil Mütter mit Kinderwagen und auch Rollstuhlfahrer unser Geschäft nicht mehr betreten.« In einem Gespräch mit dem Bauleiter sei ihr versichert worden, dass die Stufe durch den Bau einer Schräge überwunden werden sollte. Jetzt sei das aber wohl kein Thema mehr.
Die junge Frau hat die Situation ihrer Zentrale in Holland mitgeteilt. »Wahrscheinlich werden wir eine Rampe aus Metall anbringen, die wir jeden Abend wieder reinholen. Nur so können wir unsere Zielgruppe, Mütter mit Kinderwagen, wieder für uns gewinnen«, glaubt die Filialleiterin.
Sie ist aber auch überzeugt, dass die Zentrale in den Niederlanden die Umsatzentwicklung in Bünde genau beobachten werde. »Und dann weiß ich nicht, ob der Mietvertrag hier verlängert wird«, sieht Hanife Janina Osmani auch die Gefahr einer Schließung des Geschäftes mit drei Mitarbeiterinnen für gegeben.
Zu dem Ausbauplan für die Eschstraße sei auch der Behindertenbeauftragte des Kreises Herford, gehört worden, sieht Dezernent Brockmeier besonders auch Interessen dieser Personengruppe berücksichtigt. »Irgendwo muss das Gefälle ausgeglichen werden«, weiß der städtische Baufachmann um die Grenzen einer solchen Neugestaltung. Zudem sei die Hausverwaltung dieser Geschäfte zu keinem Gespräch mit Planerin Anke Deeke gekommen, um die Neugestaltung der Eschstraße in diesem Bereich zu diskutieren, sagt Brockmeier. Jetzt werde nach Beschlusslage des Ausschusses ausgebaut.

Artikel vom 09.05.2007