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Tipps von »Flankengott Abi«

Ex-Nationalspieler Rüdiger Abramczik trainiert TuS Solbads E- und F-Junioren

Von Stephan Arend (Text und Fotos)
Borgholzhausen (WB). Flanke Rüdiger Abramczik, Fallrückzieher Klaus Fischer - Tor. Die Nachwuchskicker des TuS Solbad kennen diese berühmte Szene nur aus den Erzählungen ihrer Eltern oder aus alten Fernsehberichten. Gestern erlebten sie Rüdiger Abramczik zum ersten Mal live in Aktion. Der ehemalige Nationalspieler trainierte 30 Borgholzhausener Fußballer im Rahmen der Bitburger-Initiative »Die große Talentförderung«.

Rüdiger Abramczik begeisterte früher die Fans in allen Bundesliga-Stadien. Mit einer faszinierenden Leichtigkeit narrte der Schalker reihenweise die Abwehrspieler und fütterte seine kongenialen Partner Klaus Fischer und später zu Dortmunder Zeiten Manfred Burgsmüller mit Vorlagen. Schon im Alter von zehn Jahren war das in Gelsenkirchen geborene Ausnahmetalent zum FC Schalke gewechselt und schrieb nur sieben Jahre später Fußballgeschichte. Als damals jüngster Bundesliga-Spieler aller Zeiten stand er beim 0:3 gegen Stuttgart erstmals im Profiteam des S 04.
Und weil »auf Schalke« schon immer der liebe Gott mitspielt (der Spruch »An Gott kommt keiner vorbei - nur Stan Libuda« wurde berühmt) machte Abramczik als »Abi, der Flankengott« Schlagzeilen. Am Ende seiner Karriere standen 316 Bundesliga-Partien für Schalke, Dortmund und Nürnberg (77 Tore), ein Meistertitel mit Istanbul und 19 Einsätze im deutschen Nationaltrikot (zwei Treffer). Bei seinem ersten A-Länderspiel 1977 gegen Nordirland (Endstand 5:0) verstummte sogar sein größter Kritiker Max Merkel. Der hatte noch kurz zuvor getönt: »Ehe Abramczik Nationalspieler wird, werde ich Sänger an der Metropolitan Opera.« Noch mehr Einsätze verhinderte das lose Mundwerk des begnadeten Technikers. Als ihm DFB-Präsident Hermann Neuberger nach einem Länderspiel gegen Malta eine schwache Leistung attestierte, konterte Abramczik: »Und Sie haben überhaupt keine Ahnung.« Danach wurde er bei Länderspielen nicht mehr berücksichtigt.
Nach der aktiven Laufbahn - sein letztes Bundesliga-Spiel bestritt er am 14. November 1987 wieder für die Königsblauen - fasste Rüdiger Abramczik auch im Geschäftsleben als Inhaber eines Sportgeschäft und Reisebüros sowie als Besitzer von mehreren Immobilien und als Geschäftsführer der Golf-Messe in Essen Fuß. Vom Virus »Fußball« ist der 51-Jährige noch immer befallen. Nach seiner aktiven Karriere arbeitete er als Trainer (Antalyaspor, Saarbrücken, Sofia, Kärnten) und unterstützt nun die Bitburger-Aktion, indem er junge Nachwuchstalente trainiert.

»Abi« und Solbad
Michael Giannotti, Trainer der Solbader »F1«, war im Internet auf die Aktion von Bitburger gestoßen und hatte sich vor sechs Wochen beworben. »Innerhalb von 14 Tagen kam die Antwort, dass wir ein Training mit Rüdiger Abramczik gewonnen haben.« Giannotti kann es selbst kaum fassen, wie schnell und problemlos er den Ex-Nationalspieler zu einer Übungseinheit ins Borgholzhausener Stadion locken konnte. Einzige Bedingung: Der Verein musste ausgebildete Ersthelfer, Trainer und Übungsmaterialien stellen. Zudem gab TuS Solbad die Zustimmung, dass eventuelle Aufnahmen vom Training für Werbezwecke der Brauerei Bitburger verwendet werden dürfen. Giannotti, seine Trainerkollegen Martin Wiszniewski, Michael Müller und Carsten Gickel unterstützten Fußball-Lehrer Abramczik, der als Geschenk 35 Fußbälle im Gepäck hatte, bei seiner Übungseinheit im Borgholzhausener Stadion. Die 30 F- und E-Junioren-Kicker erlebten einen ganz besonderen Nachmittag. Der prominente Coach brachte ihnen so manchen Trick bei und plauderte zudem aus dem Nähkästchen: »Wenn ich gegen Berti Vogts gespielt habe, bin ich im Zweikampf manchmal lieber hochgesprungen. Berti drohte schon vorher, dass es was auf die Knochen gibt. Und es war besser, es ihm zu glauben.«
Abramczik wird in den nächsten Tagen die besten Solbad-Talente für das NRW-Landestraining vorschlagen. Am Ende der Bitburger-Aktion gewinnen die 22 talentiertesten Jugendspieler die Teilnahme am einwöchigen Trainingscamp der Klaus Fischer Fußballschule im Europa-Park Rust - unter den Augen von professionellen Bundesligascouts, die für ihre Vereine auf der Suche nach Nachwuchstalenten sind.


Meistertipp
Als Gelsenkirchener Junge drückt Rüdiger Abramczik dem FC Schalke 04 natürlich die Daumen im Titelrennen. »Allerdings gehören meine Sympathien auch Dortmund, weil ich dort ebenfalls eine schöne Zeit verbracht habe.« Ob es für S 04 am Ende reicht? Abramczik zuckt die Schultern: »Das weiß niemand. Wenn Schalke allerdings Samstag in Dortmund so wie in Bochum spielt, dann werden die nur Dritter.«

Artikel vom 09.05.2007