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Wort zum Sonntag

Heute von Pfarrerin Kirsten Potz

Pfarrerin Kirsten Potz ist Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis Halle.

Singt! - Kantate! So heißt der kommende Sonntag.
Singt Gott, denn er tut Wunder.
Viele Menschen singen. Allein oder in Chören. Volkslieder, Gospels, die neuesten Hits vom MP3-Player, Fantasiemelodien... Noch mehr Menschen lassen singen - den CD-Player oder sonstige Geräte. Warum singt man eigentlich? Was fasziniert uns daran? »Wovon das Herz voll ist, davon geht einem der Mund über«, heißt es in der Bibel. Alles, was Menschen bewegt, passt in Töne: das größte Glück, Liebe und Leidenschaft, und genauso Kummer, Wut und Schmerz. Und wenn uns etwas wirklich tief berührt, muss es heraus, will man nicht vor Glück platzen oder am Leid ersticken.
Raten schon die Psychologen, die Gefühle nicht in sich zu verschließen, sondern sie heraus zu lassen, so nennt uns die Bibel mit Gott auch die passende Adresse dafür. Ob bühnenreif oder gesummt, gebrummt, gekrächzt - das ist ihm egal. Hauptsache, es kommt von Herzen.
Wir sind dabei übrigens in guter Gesellschaft. Nach der Vorstellung des 98. Psalms ist die ganze Welt voll Gesang. Vogelgezwitscher und der Gesang der Wale, das Summen der Bienen, das Grunzen eines glücklich im Matsch wühlenden Schweins und das Schnattern von Pinguinkolonien füllen jeden Winkel der Erde. Ob die anderen das jeweils schön finden, ist gar keine Frage. Singt Gott, denn er tut Wunder! Bäche rauschen und murmeln, das Meer braust, Wälder rauschen, Felder und Wiesen flüstern im Wind - alle singen auf ihre Weise das Lob des Schöpfers, dem sie ihr Dasein verdanken. Wer die Augen für das Wunder der trotz aller menschlichen Eingriffe immer noch funktionierenden, Leben weitergebenden Schöpfung öffnet, entdeckt bald auch große und kleine Wunder im eigenen Leben. Der Nachwuchs ist gesund zur Welt gekommen, die Oma aus dem Krankenhaus entlassen; die Bewerbung war erfolgreich, der Streit mit Herrn X. ist beigelegt. Wie viele Gründe, dankbar zu sein, haben Sie seit dem Aufwachen allein heute gehabt?
Manch einer muss das Staunen und Danken neu lernen, weil negative Erlebnisse den Blick verstellen und auf der Seele lasten. Da lohnt es sich, eine Zeitlang mal täglich drei erfreuliche Dinge aufzuschreiben. Die Liste wird ganz von allein länger: Gut geschlafen. Beim Aufstehen nicht an Arbeit gedacht, sondern der Sonne zugeblinzelt. Der Kaffee hat geschmeckt... Es sind die Kleinigkeiten, die das Leben süß oder sauer machen. Wir sollten uns selbst gegenüber fair sein und auch das Schöne wahrnehmen als das, was es ist: ein unverdientes Geschenk Gottes. Singt dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder. Singt ihm für die erlebten Wunder - und für die, die noch ausstehen. Zum Beispiel den ersehnten Mairegen.

Artikel vom 05.05.2007