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Halme wachsen nicht mehr

Erste Trockenschäden auf den Feldern -ÊHoffnung auf baldigen Regen

Von Jürgen Köster
Kreis Höxter/Riesel (WB). »Langsam wird die Sache kriminell. Wenn es nächste Woche nicht regnet, ist Schicht.« Deutlicher als Pflanzenschutzberater Martin Koch es tut, ist die Lage in der Landwirtschaft kaum zu beschreiben. Auf den Feldern gibt es erste Trockenschäden.

Wenn Josef Rustemeyer morgens sein Haus verlässt, gilt sein besorgter Blick zuerst der Turmspitze der St. Georg Kirche. »So lange der Wetterhahn dort oben nach Osten zeigt, wird's nichts mit Regen«, weiß der Rieseler Landwirt. Der wäre dringend nötig, denn auf den leichten Böden wachsen die Pflanzen nicht mehr. »Nach dem üppigen Start, der durch den milden Winter bedingt war, ist sei 14 Tagen ein Rückgang festzustellen«, berichtet der 53-Jährige. Zu seinem Hof gehören 100 Hektar Ackerland, etwa ein Drittel davon mit leichten Böden. Diese können rund zehn bis 30 Millimeter Wasser je Kubikmeter speichern. Schwere Böden hingegen haben ein besseres Wasserhaltevermögen. 100 bis 150 Millimeter Wasser je Kubikmeter können sie vorhalten. Entsprechend groß sind auch die Unterschiede im Wachstum. Bei den Pflanzen, die auf leichten Böden gedeihen, sterben die untersten Blätter bereits ab.
»Sehr stark betroffen ist die Wintergerste, die ohnehin durch Virusbefall geschädigt wurde und mit verkümmertem Wurzelwerk nun extrem unter Trockenstress leidet«, erklärt der WLV-Kreisverbandsvorsitzende Werner Menne. Aber auch bei den übrigen Getreidearten färbten sich die Bestände gelb, die Blätter rollten sich ein. Hier seien ebenso bleibende Schäden zu erwarten.
»Bewässern ist in unserer Region nicht möglich«, bedauert Josef Rustemeyer. Im Gegensatz zur Lüneburger Heide beispielsweise. »Dort muss man nur drei bis vier Meter tief bohren und hat Wasser satt«, weiß der Rieseler. Das ist auf den Hängen und Hügeln im Land zwischen Weser und Egge eben nicht möglich.
Der starke Wind, die Sonneneinstrahlung und die geringe Luftfeuchtigkeit beschleunigen die Entwicklung auf den trockenen Feldern noch. »Man muss wohl jetzt schon mit Ernteausfällen rechnen. So trocken wie in diesem Jahr war es schon sehr lange nicht mehr«, stellt Rustemeyer fest. Auch seine Mutter Cilly (88 Jahre) könne sich nicht daran erinnern, dass es in dieser Jahreszeit jemals so trocken gewesen sei. »Aber ein Landwirt hat immer Hoffnung«, lächelt der Rieseler verhalten. »Der Raps sieht noch gut aus, auch für die Zuckerrüben besteht wohl noch keine Gefahr. Vielleicht kommen wir mit einem blauen Auge davon.«
Das hofft auch Martin Koch, schwer zu kalkulieren sei allerdings, wie »blau« das Auge werde. Manche Betriebe hätten schon zweimal gesät.
Das Grünland habe sich bisher aufgrund der Wärme zügig entwickelt. Allerdings gerate das Wachstum jetzt mit zunehmender Trockenheit ins Stocken, ergänzt Werner Menne. Auf leichten Standorten sei teilweise sogar schon das Gras zur Silagegewinnung gemäht, da man sonst Qualitätseinbußen aufgrund der Trockenheit befürchte.
Der Blick der Bauern richtet sich also weiterhin hoffnungsvoll gen Himmel. »60 bis 70 Millimeter müssten schon kommen«, rechnet Josef Rustemeyer. Anfang der kommenden Woche soll sich der Rieseler Wetterhahn drehen...

Artikel vom 04.05.2007