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Vergebens auf Hilfe gehofft

Fahrerin findet nach Pkw-Panne keinen, der anhält

Vlotho (krü). Wer mit dem Auto liegen bleibt, kann auf die Hilfe seiner Mitmenschen nicht unbedingt zählen. Diese Erfahrung haben die Vlothoerin Katharina Hein und ihre Tochter gestern gemacht.

Es war gegen 11 Uhr, als die 47-Jährige mit ihrem Opel Corsa von der Lohe zurück nach Vlotho fahren wollte und plötzlich der Motor ihres Wagens ausging. Der Pkw blieb mitten auf der Loher Straße liegen und konnte nur mit tatkräftiger Unterstützung eines hilfsbereiten Autofahrers in die nächste Grundstückseinfahrt geschoben werden. Der sofort benachrichtigte Appschleppdienst war nicht gleich einsatzbereit, und da Katharina Hein einen wichtigen Termin in der Wilhelmstraße hatte, machte sie sich zu Fuß auf den Weg. In der Hoffnung, dass jemand sie mitnehmen werde. Ihr Handy hatte sie nicht dabei, deshalb konnte sie den Termin nicht absagen.
»Ich bin bei der Hitze mehr als drei Kilometer am Straßenrand entlang gelaufen, habe immer wieder Zeichen gegeben, aber kein einziger der vielen vorbeikommenden Autofahrer, darunter viele Frauen, hat angehalten«, sagt Katharina Hein. Eine Erfahrung, die der Vlothoerin sehr zu denken gegeben hat. »Wenn man sich in der Not nicht mehr gegenseitig hilft, nicht mal anhält, wenn da eine Frau von 47 Jahren steht und winkt, steht es schlecht um das Zusammenleben«, sagt sie. Auch wenn die Zeiten hektisch und hart geworden seien, müssten Menschen sich doch noch ansprechen - und ansprechen lassen.
Während Katharina Hein sich zu ihrem Termin auf den Weg machte, blieben Tochter Irene (27) und Enkel Fabio (11 Monate) im Corsa zurück. »Nach einer halben Stunde hat eine ältere Dame angehalten und gefragt, ob wir Hilfe brauchten, alle anderen haben zwar zu uns 'rüber geguckt, sind aber weitergefahren«, berichtet die Tochter.
Ihr Erlebnis wollten Mutter und Tochter nicht einfach so hinnehmen. Im Gegenteil: »Wir haben uns an die Zeitung gewandt, weil wir zum Nachdenken anregen möchten, denn in eine solche Situation kann jeder geraten«, betonen sie.
Die Familie Hein kam vor 17 Jahren von Kasachstan nach Vlotho - damals die erste protestantische Familie aus den ehemaligen GUS-Staaten, die in der Weserstadt ein neues Zuhause fand. »Wir fühlen uns in Vlotho sehr wohl, aber wir stellen auch fest, dass die Zeiten kälter geworden sind«, sagt Katharina Hein.

Artikel vom 04.05.2007