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Kinder entdecken die Sprache der Kirche

Laute Besichtigung und stilles Gebet: Carla M. Arning zeigt Mädchen und Jungen St. Stephan

Von Jürgen Gebhard (Text)
und Oliver Schwabe (Foto)
Vlotho (VZ). Der Besuch fängt an mit einer lauten Entdecker-Tour und endet mit einem stillen Gebet: Für die evangelische Gemeinde St. Stephan Vlotho bietet Carla M. Arning Kirchenerkundungen für Kinder an. »Das sind keine Kirchenführungen«, betont die Presbyterin.

»Diese alten Räume sprechen. Aber es ist eine Sprache, die man für manche übersetzen muss«, sagt Carla M. Arning und blickt dabei auf eine jahrzehntelange Erfahrung als Leiterin von Blindenreisen zurück. Den blinden Menschen hat sie in vielen Ländern dieser Welt die Sprache von Moscheen, Synagogen und Kirchen vermittelt. Kunst- und Kulturgeschichte werde in unseren abendländischen Gotteshäusern sichtbar - auch in der Vlothoer Stadtkirche: »Damit kennen sich viele Menschen heute aber leider nicht mehr aus.«
Mit den Erkundungen der St. Stephans-Kirche wolle sie die Kindergartenkinder nicht missionieren, sondern sie auf den Weg bringen und sie sensibel machen für den Raum. Schließlich sei eine Kirche ein ganz besonderer Ort, in denen Generationen nicht nur gebetet, sondern auch Trauriges und Fröhliches erlebt hätten.
Seit einem Jahr leitet Carla M. Arning in der größten Kirche der Weserstadt solche Erkundungen. Die erste Gruppe war damals vom Kindergarten Südfeldstraße gekommen. In dieser Woche begrüßte sie zukünftige Schulkinder aus der Breslauer Straße, gestern waren zwölf Kinder aus der Mäuse- und der Schmetterlingsgruppe mit den Erzieherinnen Marlene Stukenbrok und Gabriele Klusmeier da. Zunächst durften die Kinder das machen, was für Erwachsene in der Kirche tabu ist, um so ein wenig die Scheu vor diesem heiligen Ort zu verlieren, den sie bisher ganz anders bei den Familiengottesdiensten ihrer Einrichtung oder zu Weihnachten erlebt hatten: herumlaufen, von der Empore herunterrufen, die Kanzel besteigen. Danach erklärte ihnen die Presbyterin unter anderem den Taufengel, den Altar und den Namensgeber Stephanus.
Vor dem Friedensleuchter im Seitenschiff kehrte Ruhe ein: »Zündet eine Kerze an für einen Menschen, den ihr ganz doll lieb habt - für Eltern, Geschwister, Großeltern oder Freunde.« Danach wechselte Carla M. Arning den Platz, setzte sich an das Orgel-Positiv und sang vor einem Schlussgebet mit den Mädchen und Jungen, das Lied, das sie aus ihrem Kindergarten kannten: »Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang sei gelobet der Name des Herrn«.
Die Kirchenerkundungen finden nach Absprache statt. Als nicht-kirchlicher Kindergarten hat auch schon die DRK-Tagesstätte »Sommerwiese« mitgemacht. Auch Erwachsenen-Gruppen würde sie auf Wunsch bei einem solchen spirituellen Entdecken begleiten, sagt Carla M. Arning.
Gerne möchte sie auch das Angebot einer »offenen Kirche« an St. Stephan etablieren. Doch dafür benötigt die Gemeinde die Unterstützung einiger Helfer, die zu den Öffnungszeiten nach dem Rechten schauen.

Artikel vom 04.05.2007