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Schuldfrage ist
noch zu klären

Bei Trunkenheitsfahrt mit Auto

Hiddenhausen (cl). Zu einer juristischen Gratwanderung wurde der Strafprozess gegen den 26-jährigen Russlanddeutschen Lorenz C. (Name geändert) aus Hiddenhausen.

Er, sein Bruder und zwei oder drei Begleiter (die Angaben variierten) hatten an der Grillparty einer Exfreundin in Herford teilgenommen. Doch dort war um 22 Uhr schon Schluss und Lorenz C. und seine Truppe standen auf der Zimmerstraße und tranken lautstark weiteren Alkohol, der von einer Tankstelle geholt worden war.
Als Anwohner sich über den Lärm beschwerten, fuhr das Auto los, prallte aber im Rückwärtsgang gegen einen PKW.
Die alles entscheidende Frage war nun: Wer saß am Steuer und beging die Unfallflucht? Anwohner meinten, der Fahrer habe ein auffälliges T-Shirt getragen, ohne dieses aber näher beschreiben zu können. Dies könnte Lorenz C. gewesen sein. Gegen ihn sprach auch, dass er wegen Verkehrsdelikten einschlägig vorbestraft war, keine Fahrerlaubnis besaß und unter zwei laufenden Bewährungen stand.
Ein tragischer Umstand sprach aber für den Angeklagten, der als Schlosser durchgehend beschäftigt ist: Sein Bruder, der am Tattag ebenfalls dabei war, ist mittlerweile bei einem Verkehrsunfall in einem anderen Landkreis tödlich verunglückt. Seither trinkt Lorenz C. keinen Tropfen Alkohol mehr und hat sein Leben zum Besten verändert, wie die Bewährungshelferin in einem außergewöhnlich positiven Bericht feststellte.
Die juristische Gretchenfrage war, ob der vage Hinweis auf ein auffälliges T-Shirt die Fahrereigenschaft zweifelsfrei klärt. Wenn Lorenz C. gefahren ist, dann ist das Urteil (zehn Monate ohne Bewährung und eine Sperrfrist für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis) in Ordnung, wie auch Verteidiger Mathias Steuer einräumte. Übrigens versuchte dankenswerterweise niemand, die Schuld dem inzwischen verstorbenen Bruder zuzuschieben. In der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht soll erneut untersucht werden, ob eindeutig festzustellen ist, wer seinerzeit am Steuer gesessen hatte.

Artikel vom 04.05.2007