04.05.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Von der Zinne weit ins Land blicken

Beliebtes ostwestfälisches Ausflugsziel öffnet wieder an diesem Sonntag, 6. Mai

Borgholzhausen (WB). Es ist nicht einmal fünf Jahre her, da war die Sorge um die Burg Ravensberg groß. Das Land NRW wollte das historische Wahrzeichen des Ravensberger Landes verkaufen. Die Burg stand vor einer ungewissen Zukunft.

Doch mittlerweile hat sich alles zum Guten gewandt und nach nicht einmal einjähriger Restaurierung wird die Burg Ravensberg an diesem Sonntag wieder geöffnet. Im Rahmen eines großen Festes zwischen 11 und 17 Uhr können interessierte Besucher erstmals wieder bis auf die Spitze des Burgturms steigen und den wunderbaren Ausblick auf Ostwestfalen-Lippe genießen. »Bei gutem Wetter kann man den Münsteraner Dom sehen«, verspricht Wolfhart Kansteiner, Geschäftsführer der Stiftung Burg Ravensberg.
Die Pläne der Landesregierung hatten 2002 große Proteststürme ausgelöst. Und so wurde peu a peu Geld gesammelt. Geld für eine Stiftung, Geld für die Sanierung der Burg. 2004 dann die Gründung der Stiftung Burg Ravensberg, an deren Beiratsspitze bis heute der ehemalige Piumer Stadtarchivar Dr. Richard Sautmann steht.
Vor zwei Jahren wurde zunächst das Ravensberger Klassenzimmer, ein ganzjährig nutzbarer Tagungsraum, erneuert, (fast) ohne Probleme. Schwieriger gestaltete es sich mit der Turmsanierung, erinnert sich Wolfhart Kansteiner: »Es traten mehrere Probleme auf«. Zum einen hatte sich das Land verpflichtet, die Renovierung zu zahlen, allerdings nur unter der Maßgabe der dafür vorhandenen Haushaltsmittel. Kansteiner: »Und die waren seinerzeit einfach nicht ausreichend vorhanden«. Laut eines ersten Gutachtens des Landes hätte die Sanierung etwa 875 000 Euro kosten sollen. Das war zu viel. Es hätte Jahre gedauert, bis das Geld vorhanden gewesen wäre. Und so musste auf Druck des Landes gespart werden, was dank einer flexiblen Stiftung Ravensburg auch gelang.
Bis heute hat die Burgsanierung etwa 525 000 Euro gekostet, deutlich weniger als seinerzeit vom Land veranschlagt. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz förderte das Projekt mit 200 000 Euro, das Land zahlte 287 000 Euro, ein fünfstelliger Betrag stammt aus Stiftungs-Geldern. Diese, wie Kansteiner sie nennt, »Notmaßnahme« sei jedoch goldrichtig gewesen.
Nachdem die Finanzierung geklärt worden sei, habe sich das zweite Problem aufgetan. Denn mit dem Gutachten waren die Stiftungs-Verantwortlichen Anfang 2006 so gar nicht einverstanden. »Wir hatten sachliche und fachliche Zweifel«, so Kansteiner. Auch aus diesem Grund habe man das Projekt in eigene Hände genommen und sich selbst auf die Suche nach Fach-Restauratoren gemacht. Mit Erfolg, wie Geschäftsführer Kansteiner betont: »Mit Gerd Belk und seinem Team konnten wir keine besseren Fachleute gewinnen«.
Im April dann der Schock: Bei den Arbeiten für die Durchgangsplattform schlugen Restaurator Gerhard Bug etwa zwei Kubikmeter des historischen Gemäuers entgegen. Im Gewölbestich über der Treppe, die auf das Turm-Dach führt, hatten sich Bauschutt und größere Steine gelockert. Dies sei nicht vorher abzusehen gewesen, betont Kansteiner. Mögliche Gründe könnten Erschütterungen durch Sprengungen oder Wettereinflüsse sein. »Es ist jedoch ein Wunder, dass nicht schon früher etwas passiert ist«, macht Kansteiner deutlich.
Der Ärger von damals ist allerdings mittlerweile verflogen. Handwerker verarbeiten noch den letzten Kalkmörtel, damit am Sonntag das Ravensberger Wahrzeichen in vollem Glanz erstrahlen kann. Ob sich die (finanziellen) Mühen gelohnt haben, wird sich jedoch erst in 20 bis 30 Jahren zeigen. Denn klar sei, so Kansteiner, dass »einzelne Risse im Mauerwerk in Zukunft unvermeidbar sind«. Jeden Tag dehne sich das Mauerwerk in seinem Volumen um bis zu sieben Zentimeter aus. Wenn es wieder kälter werde, schrumpfe das Volumen wieder. »Da entstehen Sollbruchstellen, die wir beobachten müssen«, erklärt der Geschäftsführer. Angst und bange sei ihm deswegen jedoch keineswegs.Victor Fritzen

Artikel vom 04.05.2007