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Den Anfang macht Böckstiegel

»Was in Herford blieb«: Kunstverein stellt Ausschnitte aus der eigenen Sammlung vor

Von Hartmut Horstmann
Kreis Herford (BZ). Der Ehemann in lässiger Latzhose, die Tochter mit einer Gitarre unter dem Arm: An die Ausstellungseröffnung der Grafikerin Gertrude Degenhardt erinnert sich Sonja Ziemann-Heitkemper noch sehr genau. An die Stelle vieler gesprochener Worte traten Musik und eine unerwartet ausgelassene Stimmung. Eine der Episoden, die nicht fehlen dürfen, wenn der Herforder Kunstverein zurückblickt.

»Was in Herford blieb«: Diesen Titel trägt die Ausstellung, die am Sonntag, 6. Mai, um 15 Uhr im Daniel-Pöppelmann-Haus eröffnet wird. Gezeigt werden unter anderem Arbeiten, die der Herforder Gerhard Schaper gesammelt und dem Kunstverein geschenkt hat. Gerhard Schaper wird in diesen Tagen 87 Jahre alt, aus diesem Anlass tragen auch Musiker der NWD am Sonntag zur Ausstellungseröffnung bei.
Mehr als 60 Bilder sind ab Sonntag bis zum 10. Juni zu sehen. Freunde des Kunstvereins kennen viele der Arbeiten, deren Spektrum von Pablo Picasso bis Gabriele Münter reicht. Denn die meisten hingen zuvor in hiesigen Ausstellungen, wurden zum Beispiel vom Kunstverein erworben - daher auch der Titel: »Was in Herford blieb.«
Zahlreiche Künstler waren bei den Eröffnungen ihrer Ausstellung dabei. Die Museumspädagogin Sonja Ziemann-Heitkemper kann daher nicht nur etwas über die Werke sagen, sondern auch über die Menschen, die sie hervorgebracht haben. Ausgesprochen gerne erinnert sie sich an Gertrude Degenhardt, die 1986 farbige Grafik zeigte. Die Schwägerin des Liedermachers Franz-Josef Degenhardt (»Spiel nicht mit den Schmuddelkindern!«) machte aus der Vernissage eine lustige Feier. In anderer Erinnerung hat sie eine Ausstellung mit Bernhard Heisig aus dem Jahr 1994. Eine schwierige Persönlichkeit, wobei die Bilder und Grafiken qualitativ über jeden Zweifel erhaben sind.
Kunstvereinsmitglieder sind Kunstfreunde, die oft das Feine, Filigrane, handwerklich Gekonnte lieben. Für bloße Kultur-Krakeeler ist in den Sammungen meist kein Platz - und auch die Herforder liegen auf dieser Linie. Ausgeprägt ist das grafische Element. Wenn man für die aktuelle Ausstellung auf Arbeiten von Janssen, Escher und Welski verzichtet, dann nur, weil diese Künstler in jüngerer Vergangenheit in Herford sehr präsent waren. Zu den wichtigen Namen zählt Peter August Böckstiegel, mit dem sich der Kunstverein bisher in zwei Ausstellungen beschäftigte. Böckstiegel markiert auch den Beginn der Kunstsammlung. Kunstexperte Hansjürgen Kochanek: »Den Anfang machte im Jahr 1955 der farbige Holzschnitt »Kinderbegräbnis in Südrussland«, den der Herforder Kunstverein von Hanna Böckstiegel, der Witwe des Künstlers, übereignet bekam.«
»Kunst aus der DDR« hieß eine Ausstellung von 1981. Aus ihr wurde eine Lithografie von Nuria Queredo ausgewählt: menschliche Gestalten, die den Eindruck machen, als wollten sie sich trotz aller Schutzlosigkeit verbergen. Staatstragende sozialistische Kunst sah damals anders aus.
Längst ist die DDR Vergangenheit, der Herforder Kunstverein indes lebt weiter.

Artikel vom 04.05.2007