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Herbert Engel zeigt, wie das Grasmähen funktioniert.

Mit Sensen
unterwegs
nach Holland

Auf dem Weg der Hollandgänger

Kleinendorf (hek). »Um die Vergangenheit lebendig zu erhalten, braucht es den aktuellen Bezug«, erläuterte Mitorganisatorin Stefanie Hillebrand. »Arbeitswanderung« habe es seit »je her und weltweit« gegeben. Das Thema »Hollandgänger« verbinde Geschichte und Gegenwart. Zur Ausstellungs-Eröffnung fanden sich auch einige Gäste aus den benachbarten Niederlanden auf dem Museumshof Rahden ein.

Ob Gastarbeiter in der Wirtschaftswunderzeit, osteuropäische Spargelstecher oder deutsche Arbeiter aus dem Baugewerbe, die in den Niederlanden bessere Verdienstmöglichkeiten suchten - die »Liste« sei »endlos«, erklärt Hillebrand aus dem Organisations-Team. Die Geschichte der »Hollandgänger« illustriere, was Arbeits-Mobilität im 19. Jahrhundert bedeute. »Mehr als 200 Kilometer zu Fuß, in Holzschuhen. Dazu der 30 Kilo schwere Verpflegungssack.«
Hinter den Namen der norddeutschen Bauern, die als Saisonarbeiter in den Niederlanden anheuerten, verbergen sich Einzelschicksale und viele Entbehrungen. »Wir konzentrieren uns auf die individuellen Lebensläufe«, erklärte Magdalene Kottenbrink, Leiterin des Museumshofes. Die »Hannekemaaier«, wie die deutschen Saisonarbeiter genannt wurden, wanderten gemeinsam von Neurhede im Emsland bis ins niederländische Bakkeveen. Die wirtschaftliche Lage in Deutschland sei extrem schlecht gewesen. Ertragreiches Land war kaum verfügbar.
Die Stein-Hardenbergschen Reformen, bekannt unter der »Bauernbefreiung«, zogen Schattenseiten nach sich: Einstige Lehnsherren forderten hohe Ablösesummen, Kleinbauern verarmten. Überbevölkerung und Missernten verschlimmerten die Lage. In den Niederlanden hingegen entwickelten sich Handels- und Industriezentren. Die Abwanderung in die prosperierenden Städte steigerte den Bedarf an deutschen Landarbeitern.
Franz Wilhelm Plate war einer von ihnen. Gras mähen, Torf stechen, das Moor urbar machen - die Hollandgänger leisteten Schwerstarbeit. Nach seiner Heimkehr starb Plate in jungen Jahren an »Nervenfieber«.
Andere fanden in Holland ein neues Leben: Christoph Friedrich Wilhelm Brüning wurde 1814 in Rahden geboren. Zunächst ging er als Saisonarbeiter über die Grenze und gründete schließlich in Maasland eine Familie. So entpuppte sich die Ausstellungs-Eröffnung auch als Familientreffen: Neben Luise und Wilhelm Brüning aus Kleinendorf waren unter anderem auch Ria van Geest-Brüning und ihr Mann aus den Niederlanden gekommen. Schon Anfang der 50er Jahre seien die holländischen Verwandten bei ihrer Spurensuche auf Rahden gestoßen.
»Ein Schritt in die Ungewissheit, ein Schritt in ein neues Leben« - Unter diesem Motto steht die Geschichte des 1896 ausgewanderten Friedrich Telkemeyer. Gemeinsam mit seiner Frau Karoline wagte er in Perry County im amerikanischen Bundesstaat Illinois den Neuanfang.
Bürgermeister Bernd Hachmann dankte den »Macherinnen« der Ausstellung: Magdalene Kottenbrink, Stefanie Hillebrand und Jacqueline Kameier von der Stadtverwaltung. Darüber hinaus hätten Wilhelm Brüning, Dietrich Buschmann und Diny Zwart-Voordes wertvolle Anregungen für die Ausstellung geliefert, ergänzte Kottenbrink.
Museumswärter Dieter Brockschmidt sei mit »Säge, Hammer und Nagel stets zur Stelle« gewesen. Ein »herzliches Dankeschön« ging auch an Eberhard van der Bent und den Montagschor. Sie steuerten unter anderem ein Handwerker-Lied in holländischer Sprache, mit Übersetzung, bei.

Artikel vom 04.05.2007