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Revoluzzer nur in den
eigenen vier Wänden

Osbornes »Blick zurück im Zorn« hat im TAM Premiere

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Der Titel ist längst zur stehenden Redewendung geworden: »Blick zurück im Zorn«. John Osbornes gleichnamiges Stück, 1959 mit Richard Burton in der Hauptrolle verfilmt, hat am Samstag, 5. Mai, 19.30 Uhr, Premiere im Theater am Alten Markt (TAM).

Protest, Polemik, Sozialkritik kennzeichnen Osbornes Werk insgesamt, seine Anklagehaltung leitete die Ära der »Zornigen jungen Männer« und der studentischen Protestbewegung ein. Die Bielefelder Aufführung unter der Regie von Philipp Preuss (er inszenierte 2005 auch »Dogland« im Theaterlabor) geht auch der Frage nach, ob heute, in einer Zeit ohne eindeutige Feindbilder, die großen Kämpfe wirklich schon ausgefochten sind. Dramaturg Uwe Bautz möchte zudem zeigen, wie der Umgang der Gesellschaft mit dem Zorn ist: »Zorn - ein Wort, das heute nur noch selten gebraucht wird.«
Die Geschichte: Jimmy Porter (Oliver Baierl) findet nach seinem Studium keinen angemessenen Job. Deshalb betreibt er mit seiner Frau Alison (Monika Wegener), die er gegen den Willen ihrer bürgerlich-konservativen Eltern geheiratet hat, einen kleinen Süßwarenladen. Jimmy ist enttäuscht von sich und vom System. Er ist verbittert über den Alltag und die Zukunft. Er rebelliert gegen die Zweisamkeit und das Establishment. Auch sein bester Freund Cliff (John Wesley Zielmann) kann nicht mehr vermitteln. Als Alison schwanger wird, verlässt sie Jimmy aus Furcht vor dessen Unverständnis. Jimmy beginnt ein Verhältnis mit der gemeinsamen Freundin Helena (Claudia Mau). Als Alison, die ihr Kind verloren hat, zu ihrem Mann zurückkehrt, versöhnt sich das Ehepaar - in einer Art Zweierzoo als »Bär« und »Eichhörnchen«.
Regisseur Philipp Preuss sieht Jimmy als Revoluzzer, der nicht aus den eigenen vier Wänden herauskommt: »Jimmy ist einer, der es nicht mehr aushält.« Wichtig ist ihm zu zeigen, dass sich die Protagonisten ständig ablenken lassen: »Sie leben in einer Medienwelt, müssen ständig ins Internet, ans Handy, simsen, Zeitung lesen, den Fernseher einschalten . . .« Selbst Arbeit scheint virtuell erledigt werden zu können. Der Regisseur: »Es ist ein wenig wie in ÝSecond LifeÜ und ÝYou TubeÜ.«
Ramallah Aubrecht, die für Bühne und Kostüme zuständig ist, hat als Kulisse einen »bürgerlichen Raum« geschaffen, in dem Zoo- und Unterhaltungselemente dominieren.
Für die Premiere gibt es noch Karten. Weitere Vorstellungen sind am 6., 10., 11., 12., 17., 18., 22. Mai, am 5. und 6. Juni. Tickets gibt es an der Theaterkasse im Neuen Rathaus.

Artikel vom 03.05.2007